Dokken
Was es bedeutet, wenn ein Musiker so richtig im Hit-Fundus wühlen kann, konnte man im Laufe des Festivals zum ersten Mal bei Don Dokken feststellen. Selbst für Leute, die nur mit einer “Greatest Hits der 80’er” (z.B. der Live-Scheibe “Beast From The East”) vertraut waren, war jede Menge bekanntes Songmaterial mit bei, von “Kiss Of Death”, “When Heaven Comes Down”, “Into The Fire” bis zu “In My Dreams”.
Leider war Don Dokken selbst in einer nicht ganz so meisterlichen Verfassung (oder Stimmung?) wie seine Setlist. Zwar konnte man weder an der gesanglichen Leistung als auch an der musikalischen Performance allzu viel aussetzen, aber viele Bands haben sich an den beiden Tagen deutlich mehr an “den Arsch abgespielt”.
So hatte man eher den Eindruck, eine solide Show eines Musikers zu sehen, der schon mal “ganz oben” war und es nicht mehr für nötig hält, mehr als Standard zu geben - wobei dieser zugegebenermaßen immer noch recht hoch ist. Bezeichnend war auch die Tatsache, daß es Don Dokken noch nicht mal für nötig hielt, seine Mitmusiker vorzustellen, so daß man nach der Show so manches “Wer war das eigentlich?"-Quiz belauschen konnte.
DIO
Daß sich das Besetzungskarussell im Musikbusiness bei manchen Bands rapide dreht ist nichts neues und so hatte sich auch bei DIO, der noch im Frühjahr stolz verkündet hatte endlich wieder eine feste Band zusammenzuhaben, schon wieder was getan: Gitarrist Doug Aldrich hat es vorgezogen, in Zukunft mit David Coverdale als Whitesnake durch die Lande zu ziehen.
Glücklicherweise hat DIO genau das Richtige getan und den besten Gitarristen zurückgeholt (so lange war die Trennung ja auch noch nicht her), den er jemals in seiner Band hatte: Craig Goldie - mit dem er zumindest die Sommerfestivals und eine ausgedehnte USA-Tour bestreiten wird. Ob und wie’s dann weitergeht, bleibt abzuwarten - DIOs Website zeigt bei “the band” jedenfalls immer noch Doug Aldrich als Gitarristen.
Der Rest der Besetzungsliste blieb gegenüber der letzten Tour & Album unverändert: am Baß Ronnies alter Weggefährte Jimmy Bain (der irgendwie noch älter aussah, als er wahrscheinlich ist), Simon Wright am Schlagzeug und Scott Warren (der als einziger namentlich nicht vorgestellt wurde) an den Keyboards.
Schon der Opener “Killing The Dragon” zeigte, wo’s im Rest des Sets hingehen würde - DIO hatten sich ganz darauf konzentriert, neben den “muß man spielen”-Hits wie “The Last In Line” und “Holy Diver” hauptsächlich in der härteren Kiste des reichhaltigen Fundusses zu graben. Natürlich wurden auch die Bands, in denen Ronnie James Dio bisher gespielt hatte, mit einigen Songs gewürdigt - so gab es neben Black Sabbaths “The Mob Rules” auch “Rising” und ein “Man On The Silver Mountain”/“Long Live Rock’n’Roll”-Medley aus der Zeit mit RAINBOW.
Die Band zeigte sich in bester Laune und mit einer enormen Spielfreude ausgestattet und verneigte sich mehrmals vor den zahlreich anwesenden Fans; Altmeister Ronnie James Dio war sich sogar nicht zu schade dafür, bäuchlings auf das Ende des Catwalks zu krabbeln, um die erste Reihe abzuklatschen und ein DIO-Banner entgegenzunehmen.
Da kann man sich nur wünschen, daß Craig Goldie bleibt und uns demnächst “Magia - The Second Chapter” ins Haus steht!
U.D.O.
Wenn sich jemand beim aktuellen “Bang Your Head” eine “1” mit ganz vielen Sternchen verdient hatte, dann war es sicherlich Udo Dirkschneider. Nicht nur, daß er in den beiden Tagen einen wahren Interviewmarathon hinter sich brachte, er lieferte zusammen mit seiner Band auch eine der besten Shows (vielleicht sogar DIE beste Show) des ganzen Festivals ab und wäre wahrlich einer Headliner-Position würdig gewesen.
Schon beim Aufbau konnten aufmerksame Beobachter einen kleinen Fingerzeig erhaschen, was denn in den nächsten rund 45 Minuten zu erwarten war - auf der Rückseite der Marshall-Boxen von Stefan Kaufmann prangte blütenweiß das Accept-Logo. Und so enttäuschte U.D.O. die vielen Fans auch nicht und hatte eine Festival-Setlist zusammenstellt, die kaum Wünsche offen ließ - vielleicht sollten OVERKILL mal ein paar Nachhilfestunden buchen! Dirkschneider, Kaufmann und Band spielten neben den eigenen Werken “Man & Machine” und “Holy” die Hitparade der Accept-Klassiker, von “Metal Heart” über “Balls To The Wall” bis hin zum abschließenden “Fast As A Shark”. Die Publikumsreaktionen waren dementsprechend - von der Bühne bis zum FOH-Turm war ein einziges Meer an ausgestreckten Armen zu sehen und bei den Refrains sang wirklich jeder mit.
Daß es trotzdem noch was zu meckern gab, lag wohl mehr an der Kürze der Zeit - denn Accept-Alben wie “Russian Roulette” oder “Objection Overruled” neben den eigenen Werken wie “No Limits” übergehen zu müssen ist schmerzlich, zeugt von der Qualität der restlichen Songs.