Nach einigen eher schwachen Alben hatte ich Alanis Morissette im Laufe der Jahre aus den Augen (oder müsste das “aus den Ohren” heißen?) verloren. Vom nach 8 Jahren Pause veröffentlichten “Such Pretty Forks in the Road” habe ich erst mit einem Jahr Verspätung Notiz genommen und dabei fast ein richtig gutes Album verpennt.
Lange habe ich mich darum gedrückt, ein paar Zeilen zu dem inzwischen nicht mehr ganz taufrischen Werk von Alanis Morissette zu schreiben. Alle bisherigen Alben der kanadischen Künstlerin (sieht man von den beiden nur in ihrer Heimat veröffentlichten Jugendsünden ab) begeisterten durch eine gekonnte Mischung aus Konzept und Innovation: “Jagged Little Pill” als rotzig freches Rockalbum, “Supposed Former Infatuation Junkie” als organisches Werk und “Under Rug Swept” mit eher modernen Anleihen.
Und “So Called Chaos”? Ein Konzept ist zwar durchaus erkennbar, aber Innovationen habe ich bisher vergeblich gesucht. Das Album wirkt einfach viel zu sehr als “das Album nach Under Rug Swept”, die Songs der beiden Alben austauschbar.
“So Called Chaos” ist eine CD, die zwar nicht schlecht aber dennoch überflüssig ist und die nur höchst selten den Weg in meinen Player findet.
Annehmbar (07/20)
Noch rechtzeitig zum Frühling hat sich auch Alanis Morissette in den Frühjahrsputz gestürzt und präsentiert uns auf “Under Rug Swept” ein buntes Sammelsurium all dessen, was sich im Laufe der Jahre angesammelt hat.
Was sich schon beim letzten Album abzeichnete, wurde bei diesem Album nun durchgeführt: Alanis Morissette trennte sich endgültig vom langjährigen Produzenten und Co-Songwriter Glenn Ballard. Hatte er (zumindest laut eigener Aussage) auf “Jagged Little Pill” noch einen nicht unbeträchtlichen Teil der Ideen geliefert, so kam Alanis bei “Supposed Former Infatuation Junkie” schon mit einigen fertig komponierten und arrangierten Songs an, die sich auch genau so auf dem Album wiederfanden. Man weiß zwar nicht, wie das Album mit Glen Ballard geklungen hätte - allerdings fällt mir auch kaum mögliches Verbesserungspotential auf. Das Album variiert auf einer stilistischen Bandbreite, die sich von ruhigen Piano-Balladen (“This Particular Time”, das in Ansätzen etwas an das geniale “Uninvited” erinnert) bis hin zu Songs erstreckt, auf denen verzerrte Gitarren dominieren (“21 Things I Want In A Lover” oder “I Am A Man”) und schließt mit der vorab im Internet veröffentlichten zuckersüßen Single “Utopia”.
Textlich befaßt sich die Scheibe (wie könnte es bei Frau Morissette auch anders sein) wieder mit allen Themen “diesseits und jenseits der Kiste”, teilweise allerdings nicht mehr so verbissen ernst in die Welt hinausgeschrien wie in früheren Tagen. So beginnt die CD mit dem Kriterienkatalog “21 Things I Want In A Lover”, von dem Alanis allerdings selbst sagt, daß sie wohl als Single sterben würde, würde sie tatsächlich darauf warten, daß jemand diese alle erfüllen könnte.
Aber auch was die CD selbst angeht, schwimmt Alanis mitsamt MAVERICK/REPRISE nicht mit der Masse: Während sich die Plattenfirmen zur Zeit mit der Entwicklung und dem Einsatz mehr oder weniger sinnvoller Kopierschutzmaßnahmen für Audio-CDs gegenseitig zu übertreffen versuchen, gibt’s auf “Under Rug Swept” stattdessen einen Bonusteil für all diejenigen, welche die CD in ihren PC einlegen: eine kleines Programm, welches den Zugriff über eine speziell zum Album-Release konzipierte Website ermöglicht - und dort gibt’s unter anderem neben dem Videoclip zu “Hands Clean” (inklusive ‘Making Of’) auch noch zwei Non-LP-Tracks als MP3 (!) zum Herunterladen (!!!)
Überragend (16/20 Punkte)
Ich kann’s einfach noch nicht so recht fassen, aber alle paar Schaltjahre kommt mal wieder ’ne Scheibe auf den Markt - die hört man einfach und ist auf Anhieb hin und weg. Und genau so ging mir’s bei “Jagged Little Píll” von Alanis Morissette.
Das nunmehr dritte Album der Kanadierin (allen Ecken und Enden als von Musikkundigen als Debut angepriesen), die gerademal so alt ist wie unser jüngstes Redaktionsmitglied, bietet aber auch wirklich alles, was das Herz begehrt: einen frischen, unbekümmerten Sound, gepaart mit rotzfrechen Lyrics und mit einer wirklich grandiosen Stimme.
Also: nicht abschrecken lassen durch Chartplazierungen oder MTV-Awards, sondern einfach mal ‘reinhören. Ihr werdet die Scheibe lieben.
Genial (19/20 Punkte)