CD

Suzi Quatro - The Devil In Me

22. April 2021 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Suzi Quatro - die Frau, die meist in schwarzes Leder gekleidet und mit einer Bassgitarre bewaffnet ist, die (gefühlt) größer ist als sie selbst. Wie hat sie meine Generation in den 1970er Jahren an den Eiern gepackt (sorry), sie gehörte (neben diversen Glam-Rock-Bands) eindeutig zur sog. musikalischen Sozialisation der “Generation 1960”. Sie war eindeutig eine Künstlerin, die man mit Fug und Recht als Single-Musikerin / Künstlerin bezeichnen kann. Ihre Longplayer waren meist keine wirklichen Blockbuster, ihre Singles jedoch sind Glam-Rock-Songs für die Ewigkeit.

Ab Mitte der 1980er Jahre war sie für gut 2 Dekaden kaum mehr präsent, ihre (wenigen) Alben fanden kaum Gehör und sie tourte auf Dutzenden von “Oldie-Festivals” durch die Gegend. Das änderte sich 2006 und 2011 mit 2 Spätwerken, die sowohl von Kritik wie vom Publikum zumindest wohlwollend aufgenommen wurden. Dann - ganz plötzlich - startete sie 2019 mit “No Control” richtig durch und als wäre das eine Art Initialzündung gewesen, wurde “The Devil In Me” 2021 nachgeschoben.

Das Album wurde fast schon begeistert von der Kritikerzunft aufgenommen. Suzi Q. zeigte sich im zarten Alter von (fast) 71 Jahren in voller Power, voller Soul und mit deftigem Groove. Bereits der Opener “The Devil In Me” rockt los, als gäbe es kein Morgen, das darauf folgende “Hey Queenie” ist eine knallharte Bluesrock-Nummer mit herrlichem Drive, da wippt nicht nur mal so der rechte Fuß und allerspätestens bei “Betty Who?” hat sie mich voll an der Angel.

Über die gesamte Länge des Albums pumpt das Rock-Herz der 1970er Jahre, man kann diese coole Zeitreise einfach nur genießen. Da ist es auch locker verschmerzbar, dass ein einziger Song (“My Heart And Soul”) nicht so wirklich in die Reihe passt. Ich nehme ihn der Einfachheit halber als eine Art Verschnaufpause und Beweis dafür, dass Ihre Stimme auch für Balladeskes taugt. Danach darf sie dann auch gerne wieder mit einem Knallersong auf gewaltigem Soul-Fundament weiter losrocken.

Fazit: tolle Frau, tolles Album, feine Reise “back to the roots of rock”.


Lionheart - The Reality Of Miracles

16. April 2021 · Audio · andreas · 1 Kommentar

Achtung Verwechslungsgefahr! Wer sich auf die Suche nach der Band Lionheart macht, erhält in der Regel zuerst Treffer zur 2004 gegründeten Hardcore-Punk-Band aus Oakland, Kalifornien. Hier geht es aber um die aus UK stammende, 1980 gegründete Hard Rock-Band, zu der aktuell noch nicht einmal ein eigener Eintrag in der deutschen Wikipedia existiert.

Wenn bereits außen auf der Hülle trotz Bandlogo die einzelnen Namen der Musiker aufgeführt sind, dann ist der in letzter Zeit deutlich überstrapazierte Begriff “Supergroup” naheliegend. Auf diesen hat man aber im aktuellen Fall glücklicherweise verzichtet, denn nur wenige werden mit allen Namen etwas anfangen können. Wahrscheinlich aus diesem Grund wurden im dicken Booklet gleich mehrere Seiten für Band Connections und Projektbeteiligungen reserviert:

Lee Small (Vocals) ist bei Andy Scott’s SWEET am Start, Dennis Stratton (Guitar) steuert ein rund 40 Jahre altes IRON MAIDEN-Logo bei, Steve Mann (Guitar) war bereits bei ELOY sowie der McAULEY SCHENKER GROUP zu hören, bei der auch Rocky Newton (Bass) involviert war und Clive Edwards (Drums) schwang die Stöcke schon für UFO.

Alles schön und gut, aber nur die wenigsten Hörer werden sich ein Album alleine auf Grund historischer Verdienste zulegen. Viel wichtiger sollte sein, was aktuell aus den Boxen schallt und die Songs brauchen sich sowohl handwerklich als auch kompositorisch nicht hinter den Taten vergangener Tage zu verstecken. Das Material ist durchweg gelungen, für einen absoluten Spitzenplatz reicht es aber nicht ganz. Vor allem bei den Texten hätte man einen Gang zurückschalten können, denn das Bedienen von 80’er Hard- und Melodic-Rock Klischees ist sicherlich zur Musik passend, stellenweise aber nicht unbedingt dem Alter der Interpreten angemessen.

Letztendlich macht die Scheibe aber bei jedem Duchlauf Spaß und es bleiben auch genügend Melodien im Ohr hängen, um “The Reality Of Miracles” zeitnah erneut aufzulegen.


Tinariwen - Amadjar

10. April 2021 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Obwohl selbst niemals in Afrika gewesen, bin ich seit vielen Jahren ein Fan afrikanischer Musik, insbesondere der Musik aus Regionen rund um Mali. Diese Musik wirkt auf viele Europäer erst einmal sehr fremd, gleichzeitig jedoch auch wieder in gewissem Sinne magisch. Man kann sich dem Sog dieser Klänge oft nicht entziehen und obwohl man in aller Regel kein einziges Wort versteht, zieht die Musik in ihren Bann.

Tinariwen gehören zu diesen Bands, die mich seit Jahren faszinieren, die Band wurde 1982 bereits in Algerien gegründet, die Mitglieder stammen aus dem Volk der Tuareg. Ganz grob wird ihre Musik gerne als “Wüstenblues” bezeichnet, immerhin eine recht griffige Beschreibung.

“Amadjar” ist ihr neuestes Werk aus dem Jahre 2019 und wurde tatsächlich während einer ausgiebigen Reise entlang der Atlantikküste Westafrikas in einem Motorhome, welches zu einer Art Studio umfunktioniert wurde, aufgenommen. Die “Gästeliste” ist dabei entsprechend groß, es sind jeweils Musiker / Künstler aus den bereisten Regionen.

Die eher sanften Grooves, welche oftmals als ein wenig monoton empfunden werden, entfalten ihre Magie allerdings erst so richtig, wenn man das Album mit einem guten Kopfhörer und wirklich in Ruhe abhört. Wobei man sich schon ein wenig der Musik “hingeben” sollte, auch wenn man als Europäer natürlicherweise nie bis ins letzte Detail den berühmten “Zugang” zu dieser Art Musik haben mag.

Ihre Musik bzw. die Lyrics sind deutlich politisch-sozialkritisch, insbesondere natürlich in Bezug auf ihre Heimatregion, gesungen wird meist in der Landessprache Tamaschek, ab und an auch in französischer Sprache.

Wer sich also darauf einlassen mag, dem sei das Album (wie übrigens auch etliche Vorgängeralben) wärmstens ans Herz gelegt. Sollte sich einem allerdings die Musik nicht erschließen, ist das sicher nicht der Welten Untergang. Ich bin recht sicher, dass die Members von Tinariwen im Gegenzug auch nicht allzu viel mit diverser Musik aus europäischen Breiten anfangen können.


The Pretty Reckless - Death By Rock And Roll

08. April 2021 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Noch eine Band, die mir bei Streifzügen durch die Galaxien des Internet über den Weg gelaufen ist und die ich bisher noch nicht einmal dem Namen nach kannte.

Gegründet wurde die Band 2009 von einer (damals) sehr jungen Frau namens Taylor Momsen. Obwohl: mit 16 oder 17 Jahren ist man eigentlich ja noch ein Teenager. Besagte Miss Momson hatte davor musikalisch bereits ein wenig im Pop-Bereich mitgemischt und sammelte erste Meriten als Schauspielerin (eigentlich Teenie-Star) in einer TV-Serie namens “Gossip Girl”. Ob man die kennen muss, weiß ich nicht, aber sie scheint wohl recht erfolgreich gewesen zu sein.

Wie auch immer, die junge Frau besann sich dann wohl darauf, dass ihre Karriere noch andere Wege abzweigen könnte und gründete eine Band, in der derzeit nur noch sie selbst als Gründungsmitglied zu verzeichnen ist.

Geboten wird auf dem Album eine Mixtur, die man gerne mal als “alternative Rock” im Stile der 1990er Jahre bezeichnet. Also im Grunde eine Art von Blues-Fundament, auf dem man ein AOR-Haus hochzieht. Dabei wird auch gerne mal mit für das Genre etwas untypischen Klängen experimentiert (Kinderchor bei “And So It Went” oder leicht arabesk anmutende Einsprengsel bei “Turning Gold”.

Und da die (relativ tiefe und manchmal auch leicht rauchige) Stimme von Taylor Momsen wirklich zu gefallen vermag, wird das Werk zu einer runden und recht abwechslungsreichen Sache, bei der auch mal die eine oder andere Powerballade (“25”) nicht fehlen darf. Allerdings sollte man es mit den balladesken Parts nicht übertreiben, “I Got So High” ist für mich ein relativ schwacher Song.

Insgesamt ist es jedoch ein sehr ordentliches bis richtig gutes “alternative-Rock-Album”, welches man immer mal wieder hören kann, das aber nicht unbedingt zu den Himalaya-Gipfeln des Genres gehört.


Rick Wakeman - The Red Planet

11. November 2020 · Audio · andreas · Kein Kommentar

Nachdem Rick Wakeman in den letzten Jahren bereits mit den erweiterten Neuauflagen von “Journey to the Centre of the Earth” sowie “The Myths and Legends of King Arthur and The Knights of the Round Table” einen Schritt vom New Age zurück zum Prog-Rock und seinen eigenen Frühwerken gemacht hat, folgt mit “The Red Planet” sein (lt. Wikipedia) 94. Soloalbum.

Die Aufmachung des Albums ist herrlich retro und das Gatefold-Popup-Cover der Erstauflage kann problemlos mit Veröffentlichungen aus der “guten alten Zeit” mithalten. Dazu passen auch die inneren Werte im Booklet, welche eine Übersicht über die einzelnen Mars-Missionen, Satelliten und Landungsfahrzeuge enthalten. Alles in allem eine gute Einstimmung auf das Album und das damit verbundene Thema:

Inspired by Mars and the secrets it holds for us. Dedicated to all who would like to go to Mars and especially to those who are convinced that they have already been there.

Musikalisch nähert sich “The Red Planet”, vor allem mit dem Verzicht auf jegliche Vocals, Werken wie “The Six Wives of Henry VIII”. Ähnlich wie seinerzeit die verschiedenen Frauen von Heinrich VIII. werden verschiedene Landschaften der Marsoberfläche vertont und musikalisch beschrieben. Wie gut oder schlecht dies funktioniert hängt, analog zu den breits erwähnten Ehefrauen, nicht unerheblich von der Phantasie des Hörers ab.

Als unglücklich entpuppt sich die Reihenfolge der Songs: der Opener “Ascraeus Mons” stimmt mit Kichenorgel, Gitarrensolo und typischen Wakeman-Aaaaaaaahhhhh-Chören auf ein rockiges Unterfangen ein, ein Versprechen, welches die folgenden Songs nur bedingt halten können. Hier wäre es vermutlich sinnvoller gewesen, “Ascraeus Mons” als letzte Nummer am Ende eines Spannungsbogens zu plazieren.

“The Red Planet” ist ein typisches Wakeman-Album, welches sich auf die bekannten Trademarks verlässt und keine großen Risiken wagt. Dies wird Rick Wakeman sicherlich weder neue Fans noch einen Innovationspreis einbringen, aber den vorhandenen Fans durchaus gute Unterhaltung für das investierte Geld bieten.