Meine Album-Highlights des Jahres 2024 Teil 2:
Midland - Barely Blue
Vorsicht, dieses Album nicht leichtfertig als Country-Klischeeding abtun. Vor allem dann nicht, wenn man in grauer Vorzeit mal The Eagles mochte, den feinen Satzgesang, die klangvollen akustischen Gitarren, begleitet von leicht jaulender E-Gitarre. Oder “Mr. Tambourine Man” von The Byrds.
Lang lang ist’s her. Hier kommen also drei Typen, die diesen tollen Retro-Sound der 70er wieder aufleben lassen und (nicht zu verachten) das Ganze auch noch in toller, sehr luftiger Produktion. Melodieverliebte Songs, die für den geneigten Möger regelrechte Ohrenschmeichler darstellen. Oder - wie ich in einem solchen Fall gerne sage: Musik in Pastellfarbe.
Caoilfhionn Rose - Constellation
Gleich vorweg: der Vorname wird “Kielin” ausgesprochen. Wie klingt ihre Musik? Genau so, wie die Frau ausschaut.
Hoffentlich gibt’s jetzt keinen meToo-Ärger für mich oder jemand bezichtigt mich der fehlenden Political Correctness. Ich liebe einfach diese Musik im Spannungsfeld zwischen Pop, Folk, ein bissel Jazz, einem Schuss Psychedelic. Dazu kommt diese leicht verhallte Stimme und dieses Gefühl der vollkommenen Leichtigkeit des Seins. Allgemein nenne ich sowas gerne “Dream Pop”, womit auch die Schublade abgehandelt wäre. Wie so oft ein Bandcamp-Fund, ihre beiden Vorgängeralben hatten mich schon begeistert.
Hört man sich das Album an, wird man feststellen: es gibt da einen Song mit dem Titel “Simple”, der den absoluten energetischen Ausbruch darstellt. Wobei natürlich gilt: alles ist relativ. ;-))
Natürlich braucht es für diese Sorte Musik ein Faible, der geneigte Metaller wird sich wohl mit lockerem Grausen abwenden und das Werk als hoffnungslos überzuckerten Indie-Pop abtun. Für mich allerdings mal wieder ein Ohrenschmeichler zum Beamen in Richtung Wolke 7. ;-)
Sad Night Dynamite - Welcome The Night
Vorab: kennt bei uns so gut wie niemand. Weshalb kam es in meine Top-Alben für 2024?
Sehr einfach: es ist sowas wie eine bunte Wundertüte der Sounds und Genres. Psychedelic-Beats, leicht dystopischer Trip-Hop, Brit-Pop, groovende Dance-Sounds, Drum ’n’ Bass im Club-Sound-Format….da ist so ziemlich alles drin, was eigentlich bzw. vordergründig so gar nicht zusammen passen mag.
Dennoch geben die Songs sowas wie ein geschlossenes Ganzes ab, es macht einfach tierischen Spass, sich von einer coolen Überraschung zur nächsten durchzuhören.
Manchmal bin ich selbst davon überrascht, was ich in meinem doch leicht vorgerückten Alter noch so alles richtig gut finde. Vor allem dann, wenn es eigentlich außerhalb dessen liegt, was ich sonst so an Hörgewohnheiten habe.
The Warning - Keep Me Fed
Immer diese Schubladen. Die Basis des Albums der drei Schwestern aus Mexico dürfte sowas wie Alternative-Rock mit reichlich Pop-Appeal sein. Das wäre jetzt für sich gesehen nicht unbedingt der große Wurf, aber die Schwestern legen eine Energie an den Tag, die aufhorchen lässt. Stimmlich voll auf der Höhe, Gitarrenriffs die mehr als überzeugen, ein oft vorwärts stürmendes Drumming und fertig ist der musikalische Energy-Drink.
Es mag sein, daß es noch ein halbes Dutzend solcher Werke (von wem auch immer) geben mag, aber hier stimmt einfach das Gesamtpaket. Es macht ungeheuer Laune, hier mal die Lautsprecher richtig schön aufzudrehen und den volksmusikalischen Nachbarn etwas … aufhorchen zu lassen.
Charlotte Wessels - The Obsession
Zum guten Schluss darf es dann noch eine mehr als ordentliche Portion Power-Metal / Power-Rock sein. Die Frau ist als ehemalige Stimme von Delain bekannt, dort ausgestiegen und macht mit diesem Album sowas wie ihr eigenes Ding.
Stimmlich und vom Songwriting her habe ich hier eigentlich nix zu kritteln, obwohl Charlotte Wessels sicherlich - wie man so sagt - das Rad nicht neu erfindet. Was heraussticht, sind diesmal die Texte, auf die man in diesem Genre halt nicht immer den Schwerpunkt legen mag. In diesem Falle allerdings - man recherchiere ein wenig im Net - sind sie durchaus auf Oberklasse-Niveau und wirklich gutes Storytelling, wenn auch eher … ziemlich psychologisch.
Die musikalische Umsetzung weist eine nicht allzu hohe “Härte” auf, ist jedoch melodiös recht abwechslungsreich, wobei man auch mal das Bass- und Schlagwerk-Fundament der Songs loben sollte. Summa summarum kann man sagen: ein Album aus einem Guß auf hohem Niveau. Kleines Schmankerl am Rande: “Praise” zeigt auch, daß ein Gospel-Chor durchaus zu dieser Sorte Musik passen kann. Leider wurde er -wie ich finde- ein wenig zu sehr in den Hintergrund gerückt, man hätte der Sache etwas mehr Raum gönnen können, wäre spannend gewesen.