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Fish - The Last Straw

29. März 2022 · Audio · andreas · Kein Kommentar

Es ist richtig schade: egal, wie viele hochklassige Soloalben Fish im Laufe seiner Solokarriere auch veröffentlicht hat, er wird den Stempel “Ex-Sänger von Marillion” wohl genauso wenig los wie Steve Hogarth, mittlerweile seit mehr als 30 Jahren Bandmitglied, wohl immer “der neue Sänger von Marillion” bleiben wird.

Leider führt dies dazu, daß auch die Live-Sets von Fish nie die Schatten der Vergangenheit hinter sich lassen konnten und wie im Falle von “The Last Straw” die Vergangenheit sogar die Gegenwart dominiert. In die Setlist aus dem Dezember 2018 haben sich neben Marillions “Clutching At Straws” zwar auch noch ein paar Live-Premieren von “Weltschmerz”-Tracks eingeschlichen, aber der Name ist Programm und so zelebriert die Veröffentlichung weitestgehend Fishs letztes Marillion-Album.

Daß die alten Songs teilweise transponiert wurden, um sich der im Laufe der Jahre geänderten Stimmlage anzupassen, ist kein Problem und passt weitestgehend. Während manche Livealben aber stellenweise in einen wahren Geschwindigkeitsrausch verfallen ist hier der Umstand irritierend, daß einige Nummern wie z.B. “White Russian” mit angezogener Handbremse gespielt werden, so daß das originale Song-Gefühl darunter leidet.

Fish selbst macht mit der Aussage

I personally consider it the best of my solo live albums so far and Steve Vantsis has done a brilliant piece of work on the production and the sleeve design. [Quelle]

für die Scheibe Werbung. Das liegt zwar sicherlich zum beträchtlichen Teil im Ohr des Hörers, m.E. kann die Scheibe aber Klassikern wie “Sushi” in keinem Moment das Wasser reichen. Dazu trägt auch der sehr rohe und direkte Mix von Bassist Steve Vantsis bei, der mehr an eine Bootleg-Soundboard-Aufnahme denn an ein tatsächlich hochklassiges Livealbum erinnert. Stellenweise fast metallische Gefilde streifend überlagert an vielen Stellen die Gitarrenarbeit von Robin Boult das Keyboardspiel von Foss Paterson, wodurch zwar Songs wie “Man With A Stick” hervorragend grooven, im Gegenzug aber die alten Songs einen weiteren Teil ihrer ursprünglichen Identität verlieren.

“The Last Straw”, welches fast zeitgleich mit dem aktuellen Marillion Studioalbum “An Hour Before It’s Dark” veröffentlicht wird, ist leider eher ein Sammlerobjekt denn ein Album, das mehr als ein paar Durchläufe auf der heimischen Stereoanlage schaffen wird.


Klaus Seilers Album-Highlights 2020

24. März 2022 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Mit “leichter” Verspätung meine Album-Highlights des Jahres 2020 in alphabetischer Reihenfolge:

Albumcover

Joe Bonamassa - Royal Tea

Irgendwie musste Joe Bonamassa ja in die Top 5 rutschen, ich bin halt ein ausgewiesener Fan von ihm. Je mehr dieser Hans Dampf in allen Gassen raushaut, desto weniger traue ich manchmal meinen Ohren.

Eigentlich müsste der Mann nur noch die Kopie seiner Kopie seiner Kopie sein, aber sein technisches Können, seine irren Riffs und sein Groove begeistern mich halt immer wieder. Und er versteht es superb, sich immer wieder hochkarätige Gäste einzuladen, insbesondere auch wohl wissend, dass seine Stimme zwar durchaus gut ist, aber eben “nur” gut…..also gibt es Einladungen an bessere Stimmen und sehr gute Background-Singer.

Lionville - Magic Is Alive

Melodischer AOR, wie ich ihn sehr mag. Immer wieder gerne gehört, in solchen Alben kann ich schwelgen, sie verscheuchen so manch eine “miese Stunde”.

Jessica Wolff - Para Dice

Als ich das Album zum ersten Mal im Net hörte UND den YT-Clip zu “Superhero” sah, war ich hin und weg von der Musik wie auch der physischen Präsenz dieser absoluten Powerfrau.

Eigentlich total beknackt, spielt sie doch mit so ziemlich allen Klischees der 1980er Jahre inklusive richtig krachendem Retro-Geballer. Aber trotzdem, ich finde die Musik irgendwie genial, manchmal braucht man genau sowas. Harter Rock, der gar nicht erst den Versuch macht, den Anschein von “intelligentem” Rock zu erfüllen.

Das ist irgendwie so ähnlich, wie im Filmbereich mit Chuck Norris: jeder macht Witze über ihn, kaum einer schaut seine Filme, aber alle kennen Mc Quade, der Wolf.

YELLO - Point

Ein Album, von dem ich in 2020 wirklich überrascht wurde. Ich hätte nicht gedacht, dass die beiden (älteren) Herren nochmal sowas raushauen könnten.

Manch einer meint, Yello haben einen gepflegten Sockenschuss (schon immer gehabt). Aber ihre im Grunde simplen wie spannenden Klangkompositionen haben es mir einfach angetan.

Young Chinese Dogs - The Quiet & The Storm

Eigentlich stammt das Album aus 2019, aber es fand erst 1 Jahr später den Weg zu mir.

Solche Musik nennt man ganz gerne “Indie-Pop-Folk-Gebräu”. Vor allem natürlich “Indie”. Warum? Weil man mit “Indie” sehr gerne dieses Gefühl “gegen den Mainstream” assoziiert. Also gerne Erfolg, aber bitte nicht zu viel und nicht in den Charts der üblichen Verdächtigen.

Ziel ist oft, dass man zu den bekanntesten Unbekannten im Musikbiz zählt und sowas auch gerne mal als Alleinstellungsmerkmal verkauft…..nun denn. Die Band ist übrigens tatsächliche eine deutsche Band und durfte schon mit relativ großen Namen auf der Bühne stehen.

Was ich an diesem Album sehr mag, ist die Leichtigkeit, die Melodik, die Stimmen (gerne auch mehrstimmig) und die weitgehend akustische instrumentale Umsetzung. Und in einem solchen Falle fahre bzw. höre ich sehr sehr gerne mal in der “Indie-Spur”, die ich ansonsten doch eher meide.

Maßgebend war das Anschaffungs-, nicht das Erscheinungsdatum.

Album-Highlights 2021

31. Dezember 2021 · Audio · andreas · Kein Kommentar

Meine Album-Highlights des Jahres 2021 in alphabetischer Reihenfolge:

Albumcover

Barnabas Sky - Inspirations

Barnabas Sky ist ein Projekt, für das Markus Pfeffer verschiedenen Sängern Songs auf den Leib geschneidert hat. Extrem abwechslungsreich und inklusive der Titelmelodie von “Timm Thaler” als Instrumentalstück.

Beyond The Bridge - The Old Man And The Spirit

Ab und an landen Algorithmen auch Zufallstreffer: im diesem Fall der Algorithmus von Spotify, der “The Old Man And The Spirit” zum Reinhören vogeschlagen hat. Blöd nur, daß - obwohl die Band in rund 120km Luftlinie beheimatet ist - die sinnvollste Möglichkeit an eine neue CD zu gelangen je ein Händler in Argentinien und einer in Japan war.

Epica - Omega Alive

Mit “Omega Alive” heben Epica das Alive-in-the-Studio-Konzept auf einen neuen Level. Nicht nur hörens- sondern auf jeden Fall auch sehenswert!

Lucifer’s Friend - Too Late To Hate

Auch wenn John Lawton meist mit Uriah Heep in Verbindung gebracht wird, so hat er mit Lucifer’s Friend auch ein paar richtig gute Alben veröffentlicht. “Too Late To Hate”, 2016 veröffentlicht, zeigt eindrucksvoll, daß alte Herren nicht zwangsweise auch Altherrenmusik machen müssen.

Robert Plant | Alison Krauss - Raise The Roof

14 Jahre haben Robert Plant und Alison Krauss für den Nachfolger von “Raising Sands” benötigt. Hoffentlich geht es beim nächsten Mal ein bißchen schneller.

Maßgebend war das Anschaffungs-, nicht das Erscheinungsdatum.

Dream Theater - A View From The Top Of The World

15. Dezember 2021 · Audio · andreas · Kein Kommentar

Dream Theater melden sich mit ihrem 15. Studioalbum zurück und leider bewahrheitet sich, was die erste Auskopplung “The Alien” schon vermuten ließ.

Während der Vorgänger “Distance Over Time” einen Fokus auf gutes, kompaktes Songwriting und griffige Melodien hatte, gerät bei “A View From The Top Of The World” mehr als einmal aus dem Blick, daß ein guter Song mehr ist als eine Aneinanderreihung von Ergebnissen technisch durchaus beeindruckender Handwerkskunst.

Das bereits erwähnte “The Alien” ist ein rund 9,5 Minuten langer Track, der bis auf wenige erinnerungswürdige Momente vor sich hinplätschert und spätestens am Songende größtenteils bereits wieder vergessen ist. Daß es die Band durchaus besser kann, beweisen “Invisibe Monster” und “Transcending Time” im Mittelteil des Albums, in denen genau das an anderer Stelle fehlende Songwriting und die griffigen Melodien hervorblitzen. Der titelgebende Schlusstrack demonstriert dann leider nachdrücklich, daß es für ein großartiges Prog-Epos deutlich mehr braucht als 20 Minuten Laufzeit mit technisch versierten Passagen zu füllen. Kein Vergleich zum Spannungsbogen eines “Octavarium”, stattdessen bleibt das Gefühl einer in manchen Momenten zusammenhangslosen Collage zu lauschen, die über weite Strecken schlicht langweilt.

Auf ein Album wie “A View From The Top Of The World” könnten viele Bands stolz sein, für Dream Theater sind 40 hörenswerte von insgesamt 70 Minuten doch eine eher magere Ausbeute.


Brian Setzer - Gotta Have The Rumble

24. November 2021 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Der Mann: 61
Die Lederjacke: passt
Das Bike: stilecht eine Triumph

Brian Setzer ist ein Phänomen, er bewegt sich in einem doch eher schmalen Musikbereich und schafft es trotzdem, nicht von Album zu Album wie die Kopie der Kopie zu klingen.

Natürlich muss oder sollte man zumindest diese Rock’n’Roll – Rockabilly – Mixtur mögen, ansonsten kann man das Album wohl gleich vergessen. Wer jedoch ein gewisses Faible für relativ rotzigen “Roggnroll” hat, kommt auf jeden Fall auf seine Kosten. Ob -wie in den Anfangsjahren- mit den Stray Cats oder zusammen mit seinem “The Brian Setzer Orchestra”, seine Musik wirkt trotz ausgesprochenem Vintage-Feeling immer wie “a breath of fresh air”.

Hört man “Gotta Have The Rumble” im Auto, könnte man sogar zu einer Gefahr im Straßenverkehr werden, wenn der rechte Fuß ziemlich unkontrolliert aufs Gaspedal trommelt. Das Album ist durchgehend ein Abräumer und feiert alle Spielarten des Rock’n’Roll der 1950er Jahre fast schon frenetisch ab. Setzer singt, spielt und swingt dabei so abgebrüht cool, dass im wohl derzeit in seinem Metier kaum einer das Wasser reichen kann.

Cooler Typ, cooles Album und Roggnroll-Power satt. Was will man mehr? Es sei denn, man bekommt bei Schmalztolle, Lederkluft und Rockabilly den großen Fluchtreflex.