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Tinariwen - Amadjar

10. April 2021 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Obwohl selbst niemals in Afrika gewesen, bin ich seit vielen Jahren ein Fan afrikanischer Musik, insbesondere der Musik aus Regionen rund um Mali. Diese Musik wirkt auf viele Europäer erst einmal sehr fremd, gleichzeitig jedoch auch wieder in gewissem Sinne magisch. Man kann sich dem Sog dieser Klänge oft nicht entziehen und obwohl man in aller Regel kein einziges Wort versteht, zieht die Musik in ihren Bann.

Tinariwen gehören zu diesen Bands, die mich seit Jahren faszinieren, die Band wurde 1982 bereits in Algerien gegründet, die Mitglieder stammen aus dem Volk der Tuareg. Ganz grob wird ihre Musik gerne als “Wüstenblues” bezeichnet, immerhin eine recht griffige Beschreibung.

“Amadjar” ist ihr neuestes Werk aus dem Jahre 2019 und wurde tatsächlich während einer ausgiebigen Reise entlang der Atlantikküste Westafrikas in einem Motorhome, welches zu einer Art Studio umfunktioniert wurde, aufgenommen. Die “Gästeliste” ist dabei entsprechend groß, es sind jeweils Musiker / Künstler aus den bereisten Regionen.

Die eher sanften Grooves, welche oftmals als ein wenig monoton empfunden werden, entfalten ihre Magie allerdings erst so richtig, wenn man das Album mit einem guten Kopfhörer und wirklich in Ruhe abhört. Wobei man sich schon ein wenig der Musik “hingeben” sollte, auch wenn man als Europäer natürlicherweise nie bis ins letzte Detail den berühmten “Zugang” zu dieser Art Musik haben mag.

Ihre Musik bzw. die Lyrics sind deutlich politisch-sozialkritisch, insbesondere natürlich in Bezug auf ihre Heimatregion, gesungen wird meist in der Landessprache Tamaschek, ab und an auch in französischer Sprache.

Wer sich also darauf einlassen mag, dem sei das Album (wie übrigens auch etliche Vorgängeralben) wärmstens ans Herz gelegt. Sollte sich einem allerdings die Musik nicht erschließen, ist das sicher nicht der Welten Untergang. Ich bin recht sicher, dass die Members von Tinariwen im Gegenzug auch nicht allzu viel mit diverser Musik aus europäischen Breiten anfangen können.


The Pretty Reckless - Death By Rock And Roll

8. April 2021 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Noch eine Band, die mir bei Streifzügen durch die Galaxien des Internet über den Weg gelaufen ist und die ich bisher noch nicht einmal dem Namen nach kannte.

Gegründet wurde die Band 2009 von einer (damals) sehr jungen Frau namens Taylor Momsen. Obwohl: mit 16 oder 17 Jahren ist man eigentlich ja noch ein Teenager. Besagte Miss Momson hatte davor musikalisch bereits ein wenig im Pop-Bereich mitgemischt und sammelte erste Meriten als Schauspielerin (eigentlich Teenie-Star) in einer TV-Serie namens “Gossip Girl”. Ob man die kennen muss, weiß ich nicht, aber sie scheint wohl recht erfolgreich gewesen zu sein.

Wie auch immer, die junge Frau besann sich dann wohl darauf, dass ihre Karriere noch andere Wege abzweigen könnte und gründete eine Band, in der derzeit nur noch sie selbst als Gründungsmitglied zu verzeichnen ist.

Geboten wird auf dem Album eine Mixtur, die man gerne mal als “alternative Rock” im Stile der 1990er Jahre bezeichnet. Also im Grunde eine Art von Blues-Fundament, auf dem man ein AOR-Haus hochzieht. Dabei wird auch gerne mal mit für das Genre etwas untypischen Klängen experimentiert (Kinderchor bei “And So It Went” oder leicht arabesk anmutende Einsprengsel bei “Turning Gold”.

Und da die (relativ tiefe und manchmal auch leicht rauchige) Stimme von Taylor Momsen wirklich zu gefallen vermag, wird das Werk zu einer runden und recht abwechslungsreichen Sache, bei der auch mal die eine oder andere Powerballade (“25”) nicht fehlen darf. Allerdings sollte man es mit den balladesken Parts nicht übertreiben, “I Got So High” ist für mich ein relativ schwacher Song.

Insgesamt ist es jedoch ein sehr ordentliches bis richtig gutes “alternative-Rock-Album”, welches man immer mal wieder hören kann, das aber nicht unbedingt zu den Himalaya-Gipfeln des Genres gehört.


Creye - II

4. April 2021 · Audio · Klaus Seiler · Kein Kommentar

Von Zeit zu Zeit stöbere ich ganz gerne bei Bandcamp herum auf der Suche nach Künstlern und Bands, die ich bisher absolut nicht kannte. Und da treffe ich dann manchmal auf vollkommen unerwartete Dinge, bei denen meine Ohren bereits nach 1 - 2 Songs spitzer sind als die eines gewissen Vulkaniers.

Vor allem dann, wenn ich höre, dass offenbar der gute alte AOR / Melodic-Rock wunderbar fröhlich Urständ feiert. Diese Band aus Schweden, 2015 vom Gitarristen und Songwriter Andreas Gullstrand gegründet, haben hier nach einer EP und einem Full-Album ihren “Zweitling” abgeliefert.

Das Album ist ein Sahnestück für Freunde des Melodic-Rock, hat seine Wurzeln definitiv in den 1980er Jahren und einen Sänger (August Rauer) am Micro, der das Album mit seiner Stimme jederzeit tragen kann, ohne dass die Instrumentals in den Hintergrund gedrängt werden. Beide Parts halten eine exzellente Balance, der Sound ist “Breitwand galore”, die Melodien sind exzellent und setzen massig Widerhaken im Ohr. Dazu kommen großflächige Keyboards, feine Gitarrenriffs und ein Drumming mit Druck und Drall.

In der Summe ein Album, dass ich jederzeit zweimal nacheinander hören mag. Ich bin sicher, dieses Album gehört jetzt bereits in meine Top 10 für dieses Jahr. Müsste ich Punkte vergeben, wäre es knapp unter der Höchstpunktzahl.


Album-Highlights 2020

31. Dezember 2020 · Audio · andreas · Kein Kommentar

Meine Album-Highlights des Jahres 2020 in alphabetischer Reihenfolge:

Albumcover

Delain - Apocalypse & Chill

Mit vielen starken Songs gespickt passt der Albumtitel zum Veröffentlichungsjahr - hier geht’s zum Review.

EAV - 1000 Jahre EAV Live: Der Abschied

Machmal merkt man erst, was man hätte hören können, wenn es zu spät ist. Die Erste Allgemeine Verunsicherung hat 2019 auf ihrer Abschiedstour auch einen Zwischenstop in Ramstein eingelegt … und ich war nicht dabei.

Guilt Machine - On This Perfect Day

Erst durch den Zugabenteil von “Electric Castle and other Tales” wurde ich auf “Twisted Coil” und Guilt Machine aufmerksam. Meiner bescheidenen Meinung nach ist Arjen Lucassen noch immer am besten, wenn er sich kurz fasst.

Nick Mason’s Saucerful Of Secrets - Live At The Roundhouse

Das Konzert 2018 in Luxemburg gehört zu meinen beeindruckendsten Live-Erlebnissen der letzten Jahre: eine unglaubliche Zeitreise zurück in die Zeit als Syd Barrett noch ein Teil von Pink Floyd war.

Nightwish - Human. :||: Nature.

Auch wenn ich der Meinung bin, Nightwish sollten Floor Jansen etwas mehr “von der Leine” lassen, ist “Human. :||: Nature.” ein sehr feines Album geworden.

Maßgebend war das Anschaffungs-, nicht das Erscheinungsdatum.

Rick Wakeman - The Red Planet

11. November 2020 · Audio · andreas · Kein Kommentar

Nachdem Rick Wakeman in den letzten Jahren bereits mit den erweiterten Neuauflagen von “Journey to the Centre of the Earth” sowie “The Myths and Legends of King Arthur and The Knights of the Round Table” einen Schritt vom New Age zurück zum Prog-Rock und seinen eigenen Frühwerken gemacht hat, folgt mit “The Red Planet” sein (lt. Wikipedia) 94. Soloalbum.

Die Aufmachung des Albums ist herrlich retro und das Gatefold-Popup-Cover der Erstauflage kann problemlos mit Veröffentlichungen aus der “guten alten Zeit” mithalten. Dazu passen auch die inneren Werte im Booklet, welche eine Übersicht über die einzelnen Mars-Missionen, Satelliten und Landungsfahrzeuge enthalten. Alles in allem eine gute Einstimmung auf das Album und das damit verbundene Thema:

Inspired by Mars and the secrets it holds for us. Dedicated to all who would like to go to Mars and especially to those who are convinced that they have already been there.

Musikalisch nähert sich “The Red Planet”, vor allem mit dem Verzicht auf jegliche Vocals, Werken wie “The Six Wives of Henry VIII”. Ähnlich wie seinerzeit die verschiedenen Frauen von Heinrich VIII. werden verschiedene Landschaften der Marsoberfläche vertont und musikalisch beschrieben. Wie gut oder schlecht dies funktioniert hängt, analog zu den breits erwähnten Ehefrauen, nicht unerheblich von der Phantasie des Hörers ab.

Als unglücklich entpuppt sich die Reihenfolge der Songs: der Opener “Ascraeus Mons” stimmt mit Kichenorgel, Gitarrensolo und typischen Wakeman-Aaaaaaaahhhhh-Chören auf ein rockiges Unterfangen ein, ein Versprechen, welches die folgenden Songs nur bedingt halten können. Hier wäre es vermutlich sinnvoller gewesen, “Ascraeus Mons” als letzte Nummer am Ende eines Spannungsbogens zu plazieren.

“The Red Planet” ist ein typisches Wakeman-Album, welches sich auf die bekannten Trademarks verlässt und keine großen Risiken wagt. Dies wird Rick Wakeman sicherlich weder neue Fans noch einen Innovationspreis einbringen, aber den vorhandenen Fans durchaus gute Unterhaltung für das investierte Geld bieten.