Konzerte

Rock Of Ages 2006

17. September 2006 · Konzerte · andreas · Kein Kommentar

Gotthard

GotthardGotthard haben beim Rock Of Ages wohl das zustande gebracht, was sich Whitesnake beim Bang Your Head gewünscht hätten: sie kamen, sahen und siegten.

Schon vor Showbeginn ist der Platz vor der Bühne gut gefüllt und als die Schweizer um Frontmann Steve Lee mit “All We Are” loslegen, gibt’s im Publikum kein Halten mehr und die Band wird nach allen Regeln der Kunst abgefeiert.

Die Band selbst agiert deutlich spielfreudiger als auf dem Bang Your Head 2004, als sie einen eher durchwachsenen Eindruck hinterließ, und auch die Setlist lässt beim Publikum kaum Wünsche offen: von der Joe South-Coverversion “Hush” (die ja auch schon von Deep Purple mehrfach verwurstet wurde) über das balladeske “One Live, One Soul” bis hin zu “Lift U Up” ist alles im Programm enthalten.

Da ansonsten auch sowohl die musikalische Leistung stimmt und auch der Frontmann seinem Titel vollkommen gerecht wird kann man den Auftritt schlicht und ergreifend unter 90 Minuten Party pur zusammenfassen.

Twisted Sister

Twisted SisterAller guten Dinge sind angeblich drei – und so war der Auftritt beim Rock Of Ages für mich das dritte Mal, dass ich Twisted Sister nach den Auftritten beim Bang Your Head 2003 und 2005 sehen sollte.

So sehr mich Dee Sniders Soloauftritt 2001 auch begeistert hatte, der Funke der wiedervereinigten Schwestern wollte nie so recht auf mich überspringen. Fand ich den Auftritt 2003 noch ganz in Ordnung, so war 2005 für mich hauptsächlich eine langweilige Dauerwerbesendung, die nach “Cashing In” und “wir machen ganz viel Werbung für unser gerade noch mal eingespieltes Album und Live-DVD” roch. So hielt sich meine Vorfreude auf den abermaligen Auftritt schwer in Grenzen, aber glücklicherweise hat man beider letzten Band des Tages ja die angenehme Option, vorzeitig das Feld räumen zu können ohne eine darauf folgende Band zu versäumen.

Doch erstens kommt es anders, zweitens als Man(n) denkt – denn dieses Mal ist zumindest aus meinem Blickwinkel fast alles anders. Nicht nur, dass die Wahl des Openers “Come Out And Play” schon einen Fingerzeig weg vom ewigen “Stay Hungry” bedeutet, die fünf Musiker auf der Bühne wirken zum ersten Mal, als würden sie nicht nur dort stehen, weil ihnen jemand $DOLLAR dafür zahlt – man kann fast den Eindruck gewinnen, dass dort oben eine Band steht, der es Spaß macht, miteinander auf der Bühne zu agieren. Bei der Zusammenstellung der Setlist hat die Band glücklicherweise ebenfalls ein gutes Händchen bewiesen, und so erschallt ein guter Querschnitt durch das gesamte Schaffen von Twisted Sister, der bei den Anwesenden kaum einen Wunsch offen lässt.

Doch Twisted Sister wären nicht Twisted Sister, wenn man nicht einen merklichen Teil der Spielzeit für Ansagen “vergeuden” würde. Und so gibt es neben der obligatorischen Ansprache von J.J.French auch einige längere Blöcke von Frontmann Dee Snider, der über Jägermeister-Hüte diskutiert, darauf hinweist, dass es sich bei den Musikern auf der Bühne im Gegensatz zu manch anderer reformierter Band allesamt um Originalmitglieder handelt, man bei Twisted Sister auf die größten Hits nicht bis zum Ende der Show warten muss und last but not least mit Veranstalter Horst Odermatt die Auswirkungen einer “strict Curfew” auf den Headliner vorne auf dem Catwalk diskutiert. Prinzipiell ja ganz nett, aber ich persönlich hätte mir stattdessen lieber noch einen Song oder zwei gewünscht.

Vixen

VixenKeine Ahnung, ob Twisted Sister Frontmann Dee Snider am Freitag Abend die Mädels von Vixen bei zumindest einiger seiner Ansagen im Hinterkopf hatte, aber so manches passt wie die Faust auf’s Auge:

Die Band, die sich heute als Vixen präsentiert, hat mit den Mädels, die 1988 ihr selbstbetiteltes Debut und 1990 “Rev It Up” veröffentlichten nur noch Gitarristin Jan Kühnemund gemeinsam, einen Zusammenhang mit dem Line-Up, das 1998 hinter “Tangerine” steckte fehlt sogar gänzlich.

Während schon nach dem Opener deutliche “Edge Of A Broken Heart”-Rufe aus dem Publikum zu vernehmen sind, dauert es noch bis zum letzten Song, bevor der vielleicht größte Hit der Band endlich gespielt wird.

Und so bleibt es dann auch eher ein ruhiger und verhaltener Auftritt, den die Mädels nebst Quotenmann auf die Bretter legen als eine mitreißende Show. Vor allem Frontfrau Jenna Sanz-Agero, die mit ihrem Schwanger-oder-nicht-Outfit für reichlich Vermutungen sorgte, muß noch deutlich an sich arbeiten, denn “nur” eine fehlerfreie gesangliche Performance ist einfach nicht genug, vor allem an einem Tag, wenn man sich am selben Tag dem Vergleich mit Abräumern wie FISH oder URIAH HEEP stellen muß.

Fish

FishFISH ist seit rund einem Jahr sporadisch mit dem “Return To Misplaced Childhood”-Programm unterwegs, einem Geburtstagsgeschenk an all diejenigen, die seinerzeit noch zu jung oder ignorant waren, um Marillions “Misplaced Childhood” live zu erleben.

Der Set war hierbei meist zweigeteilt: nach einem rund einstündigen FISH-Set quer durch alle Schaffensperioden gab’s im zweiten Teil das komplette “Misplaced Childhood” am Stück und im Zugabenteil noch die Marillion Hits “Market Square Heroes”, “Incommunicado” und “Fugazi”. Da durch die begrenzte Spielzeit von vornherein klar war, dass nur entweder oder oder möglich sein wird, durfte man auf die Entscheidung gespannt sein.

Als die ersten Klänge von “Pseudo Silk Kimono” erschallen ist klar, wohin die Reise geht und dass es “Misplaced Childhood” am Stück gibt. Eine interessante Konstellation, denn da die Songs fließend ineinander übergehen ist wohl auch mit den ersten Worten des auch verbal recht unterhaltsamen Herrn Dick wohl vorerst nicht zu rechnen – eine Tatsache, die er später auch selbst noch einmal mit der Bemerkung, dass nach dem ersten Lied ja fast schon die gesamte Spielzeit vorbei ist, aufgreift. Die Band wirkt besser auf einander eingespielt denn je und waren auf der Tour im Frühjahr an einigen Stellen noch leichte Unsauberheiten zu hören, überzeugt die musikalische Leistung von der ersten bis zur letzten Minute. FISH selbst gibt sich wie große Teile des Publikums der Magie der Musik hin, vergisst aber nicht, seine glänzenden Entertainerfähigkeiten hier und da aufblitzen zu lassen wie zum Beispiel in dem Moment als er passend zur Textpassage “and the man from the magazine wants another shot” noch einmal eine Runde ausgiebig in die Kamera von Cheffe Stefan strahlt.

Der Nach-“Misplaced Childhood”-Teil animiert dann noch mal deutlich mehr zum mitrocken als der eher kopflastig-emotionale Teil und FISH vergisst auch nicht, die Zuhörer im Bierzelt ausgiebig zu begrüßen und ebenfalls zum mitmachen zu animieren.

Um Tanja + Timmy aus dem Rock Of Ages-Gästebuch zu zitieren: “Wer da keine Dauergänsehaut hatte, der hat ’ne faule Kartoffel an der Stelle, wo eigentlich das Herz sein sollte.”


Epica 2006-05-04

01. Juli 2006 · Konzerte · andreas · Kein Kommentar

Flyer (Vorderseite)Propheten gelten normalerweise nicht sehr viel im eigenen Land – wenn man zum Beispiel den bescheidenen Erfolg von Vanden Plas in Deutschland mit dem Status im Nachbarland Frankreich vergleicht, fällt auf, daß ein paar Kilometer schon einiges ausmachen können.

Etwas anders läuft es hingegen für Epica, die in Deutschland zwar noch relativ unbekannt sind, in ihrer Heimat aber durchaus einen gewissen Status innehaben. So ist der Entschluß von Band und Plattenfirma auch nicht weiter verwunderlich, im altehrwürdigen Club Paradiso in Amsterdam eine Live-DVD aufzuzeichnen.

Nachdem die Werbung auf der bandeigenen Homepage platziert war und der Vorverkauf entsprechend lief (das Konzert war bereits Monate im Voraus ausverkauft), wurde auf Plakatwerbung in Amsterdam komplett verzichtet. Kein Plakat, kein Banner – der einzige Hinweis vor Ort ist ein Eintrag im Programm des Pardiso, neben dem ein “uitverkocht” prangt.

Schon ab der Mittagszeit versammeln sich die ersten Fans vorm Eingang und wer zur richtigen Zeit vor Ort ist, kann den ersten Special-Guest des Abends erblicken: ein als Tourist verkleideter Roy Khan schlendert gemütlich kurz nach 14 Uhr am Haupteingang vorbei in Richtung Backstage und wird interessanterweise von einer ganzen Gruppe Teenies in Kamelot-Shirts gar nicht wahrgenommen.

Running OrderDie Planung des Abends sieht vor, daß nach der Türöffnung zuerst Asrai aus Spanien im kleinen Saal dem Publikum einheizen, bevor anschließend die EPICA-Show im großen Saal stattfindet. Während dort dann zum nachtschlafenen Zeit das normale Programm “noodlanding” einsetzt, sollen Ebony Ark wiederum im kleinen Saal den Abend beschließen.

Wer auch immer für die Planung verantwortlich ist, vielleicht hätte er zumindest darauf drängen sollen, daß die Türen des großen Saals bis zum Ende des ASRAI-Gigs geschlossen bleiben, denn so passiert, was zu erwarten war: die Fans strömten direkt in den großen Saal um für Epica die besten Plätze zu ergattern und Asrai stehen ziemlich einsam auf weiter Flur, während die Stimmung im großen Saal bei jedem Wackler am Bühenvorhang einen neuen Siedepunkt erreicht. Für kurzzeitige Verwirrung bei allen nicht Eingeweihten sorgt um kurz vor 20 Uhr eine Schweigeminute, die auf Grund des niederländischen Totengedenktags abgehalten wird.

Flyer (Rückseite)Als dann aber endlich das Intro “Hunab K’‘u” ertönt, bricht ohrenbetäubender Jubel los und als beim anschließenden “Dance Of Fate” der schwarze Vorhang fällt und die Band nebst zwei Feuerschluckerinnen auf der Bühne freigibt, gibt es für die Anwesenden kein Halten mehr.

Die nächsten beiden Songs verlaufen ohne besondere Vorkommnisse, bevor bei “Solitary Ground” mit Amanda Sommerville und Linda van Summeren die ersten Specialguests des Abends die Bühne betreten und mit drei weiblichen Livestimmen dem Song eine ganz besondere Note einhauchen. Nachdem es mit reiner Bandbesetzung wieder härter weitergeht, kehren die beiden Damen zusammen mit einem Cellospieler nach “Quietus” wieder auf die Bühne zurück und präsentieren als Verstärkung von Simone Simmons und Coen Janssen “Linger”, die Epica-Ballade schlechthin. Leider fällt das Lichtermeer aus vorher an die Anwesenden verteilen Mother Of Lights nicht ganz wie erwartet aus, denn leider haben sich viele gleich mehrfach bedient, so dass nicht wenige Konzertbesucher leider leer ausgehen.

Nach dem ruhigen “Linger” geht es mit viermal Powerpack weiter, bevor zu “Trois Vierges” Roy Khan die Bühne betritt. So gut die gesangliche Performance des Mannes auch ausfällt (manch einer zweifelt sogar daran, ob sein Gesang überhaupt live ist), die optische Präsentation leidet deutlich unter seiner übertriebenen Mimik und Gestik, die sicherlich nicht jedermanns Fall ist und wohl mit dem Schlagwort “Stummfilmakrobatik” am treffendsten beschrieben werden kann. Es folgt “Another Me”, bevor “The Phantom Agony” wie gewohnt den regulären Set beendet.

Nach einer kurzen Pause geht’s zum ersten Zugabenteil, bevor nach einer weiteren kurzen Unterbrechung Epica zusammen mit Jan-Chris De Koeyer von Gorefest auf die Bühne zurückkehren, um den Abend mit “Consign To Oblivion”, dem Titelsong des aktuellen Albums zu beschließen. Der Gast übernimmt hierbei alle Grunt-Parts, steht ansonsten aber etwas verloren auf der Bühne.

Setlist Epica:

  • Hunab K’‘u
  • Dance Of Fate
  • Sensorium
  • The Last Crusade
  • Solitary Ground (mit Amanda Somerville & Linda)
  • Force Of The Shore
  • Quietus
  • Linger (mit Amanda Somerville & Linda)
  • Blank Infinity
  • Crystal Mountain
  • Seif Al Din
  • Facade Of Reality
  • Trois Vierges (mit Roy Khan, Kamelot)
  • Another Me
  • The Phantom Agony
  • Cry For The Moon
  • Run For A Fall
  • Mother Of Light
  • Consign To Oblivion (mit Jan-Chris De Koeyer, Gorefest)

Leider verlassen die meisten Besucher nach dem Konzert das Paradiso oder bleiben im großen Saal, um auf ein Autogramm von Epica zu warten, so daß sich bei den durchaus hörenswerten Ebony Ark nicht mehr allzu viele Leute vor die Bühne verirren.


Epica / Xystus 2005-11-29

03. März 2006 · Konzerte · andreas · Kein Kommentar

Im Gegensatz zu Frankreich, wo Epica langsam durchzustarten, ist in Deutschland noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten. Nachdem in Potsdam gerade mal rund 50 Leute vor der Bühne standen, ist Aschaffenburg – trotz nicht ganz ausverkauftem Colos-Sall – mit rund 250 Besuchern das am besten besuchte Konzert der aktuellen Rundreise.

Von der ursprünglich als “Dutch Night Of Gothic Metal” angekündigten Tour bleibt nach der Absage von Autumn eigentlich nur noch eine “Dutch Night Of Metal”, denn die Opener von Xystus haben mit Frauengesang und orchestralen Klängen nichts am Hut. Da es sich in Aschaffenburg um das letzte gemeinsame Konzert der Tour handelt, darf man auch auf den ein oder anderen Scherz durchaus gespannt sein.

Xystus

XystusDer erste offenbart sich in dem Moment, als Xystus um kurz vor 21 Uhr die Bühne im uniformen “I went on tour with Epica and all I got was this lousy shirt”-Look betreten und mit ihrem durchaus ansprechenden progressivem Powermetal loslegen. Da sowohl Songmaterial als auch Performance stimmig sind können die noch recht jungen Niederländer (Band-Altersschnitt 23 Jahre), obwohl für die meisten im Publikum ein unbeschriebenes Blatt, durchweg positive Reaktionen hervorrufen. Die Scherze gehen weiter, als während des Gigs Epica Frontfrau Simone Erinnerungsphotos mit den Musikern schießt und Keyboarder Coen Janssen Zigaretten austeilt – ein am Bühnenrand platziertes Bügelbrett kommt allerdings nicht mehr zum Einsatz. Als Zugabe gibt’s mit dem METALLICA-Cover “Damage, Inc.” einen eher selten gecoverten Song, der Xystus aber gut zu Gesicht steht und einen würdigen Schlusspunkt einer guten Show setzt.

Epica

EpicaAls Epica kurze Zeit später die Bretter betreten, fällt spontan eines auf: die Bühne ist klein – sehr klein – und wirkt trotz einer Person und einigem Equipment mehr trotzdem deutlich leerer als noch ein paar Wochen zuvor bei Jon Oliva’s Pain.

Nachdem zumindest die Silberscheiben der Band allzu gerne in die Schublade “Nightwish, Within Tempation & Co” gesteckt werden, ist live schon nach dem Intro und anschließenden Opener “Dance Of Fate” klar, dass Epica deutlich härter und aggressiver zu Werke gehen als die gerade genannte Konkurrenz. So sehr sich die Herren auch mühen, Blickfang der Band ist Simone Simons, die sich statt als Möchtergern-Diva lieber als wild bangende Metallerin präsentiert. Dazu passt auch die Tatsache, dass sie bei den neueren Songs ab und an auch mal die Rockröhre auspackt, statt nur dem klassischen Mezzosopran zu frönen. Deutlich gewöhnungsbedürftiger als auf Platte wirken hingegen die Grunts & Screams von Mark Jansen, die stellenweise doch etwas saft- und kraftlos daherkommen. Unangefochtenes Highlight der Setlist ist die neue Ballade “Linger”, die problemlos das Klischee einer Weltklasse-Single-B-Seite erfüllt. Wenn es die Band schafft, den hier vorgelegten Qualitätslevel mit dem nächsten Album zu halten, dürfe einem kometenhaften Aufstieg nur noch pure Ignoranz im Wege stehen.

Natürlich gibt es auch während des Epica-Sets den ein- oder anderen Spaß, zum Beispiel eine Runde Damenslips für alle Musiker, die vor “Linger” von den XYSTUS-Bandmitgliedern auf die Bühne geworfen werden. Während die Herren der Schöpfung nur “Instrumente dekorieren” spielen, beschwert sich Simone Simons zwar zuerst über die falsche Größe des ihr zugeworfenen knallroten Slips, erweist sich dann aber doch als probierfreudig und zieht das Teil über ihre schwarze Lederhose. Interessanter Anblick!

Ein ebenfalls interessanter Anblick bietet sich am Ende des Konzerts – während die Merchandise-Stände vieler Bands inzwischen auf Grund der hohen Preise einen verwaisten Eindruck hinterlassen, ist der Stand von Epica schwer umlagert - der Beweis, dass man mit fanfreundlichen Preisen durchaus jede Menge Leute glücklich machen kann. Ein T-Shirt kostet beispielsweise 15 Euro für ein Longsleeves darf man 20 Euro investieren und die CDs kosten auch nicht mehr als im Plattenladen um die Ecke. Ungeschickterweise hat man aber wohl den Ansturm etwas unterschätzt, denn von der “Quietus”-Single gibt es nur noch die Version mit dem Death-Cover “Crytal Mountain”, dafür aber ohne “Linger” zu kaufen. Sad, but true!


Uriah Heep / Regicide / Turbolilihip 2005-12-17

25. Dezember 2005 · Konzerte · andreas · Kein Kommentar

Turbolilihip

TurbolilihipWarum eine reine Coverband wie Turbolilihip als Opener für einen solchen Abend gebucht wird, ist schleierhaft. Sicherlich, die durchaus eigenwilligen Interpretationen mehr oder minder bekannter Songs sind musikalisch kompetent und interessant umgestrickt, trotzdem wirkt der Auftritt einfach zu unprofessionell und stadtfestkompatibel, um richtig Laune zu machen. Der Versuch der Frontmädels, sexy zu sein wirkt einfach nur “Vielleicht hätten sie jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt” und Frontmann Andy Schliep, stimmlich gut bei der Sache, sollte – wenn er einen Song lang nix zu tun hat – lieber die Bühne verlassen, statt als unnötige Deko am vorderen(!) Bühnenrand rumzustehen.

Absoluter Tiefpunkt ist dann allerdings die Ansage von Sängerin Elke Wieauchimmer (Nachname ist auch auf der Homepage nicht rauszufinden): “Wir müssen leider unseren Set kürzen, denn da kommt ja noch eine Vorband”. Kollegialität sieht anders aus …

Regicide

RegicideWie eine prima Präsentation aussehen kann, haben sich Turbolilihip hoffentlich gleich bei Regicide angekuckt, denn sowohl an der Musik als auch der Performance der Nordlichter aus Oldenburg gibt es nichts auszusetzen.

Die Band, deren nächstes Werk “Break The Silence” im Februar 2006 erscheint, wirkt perfekt eingespielt und bietet eine, auch durch die Lightshow unterstrichene, stimmungsvolle Performance ihrer Songs. Besonders auffällig hierbei ist neben der Frisur von Basser Malte Hunold das Gesangsduo Frauke Richter und Timo Südhoff, die statt des üblichen “singing Beauty and grunting Beast” tatsächlich mit zwei Singstimmen aufwaten, sowie Geigerin Joanna Wilms, die den Beweis abliefert, dass man mit einer Geige auch bei einer Metalband mehr als nur eintöniges Hintergrundgefiedel abliefern kann. Nur an ihrem Outfit sollte sie noch etwas feilen: währen die komplette Band in schlichtem Schwarz auftritt, sind ihre rosa Wildlederstiefel einfach irgendwie – unpassend.

Uriah Heep

Uriah HeepOb Uriah Heep versuchen, mit der längsten Tour aller Zeiten in irgendein Rekordbuch zu kommen oder nicht, sei dahingestellt – jedenfalls liegt das aktuelle Album “Sonic Origami” inzwischen sieben Jahre zurück und von neuen Songs fehlt noch immer jede Spur.

Doch glücklicherweise gibt es einen schier unerschöpflichen Fundus an schon-lange-nicht-mehr bis noch-nie-gespielten Songs, so dass für die Setlist auf insgesamt 13 Alben zurückgegriffen wird, aus denen 14 Songs von der nunmehr seit 15 Jahren konstanten Besetzung dargeboten werden. Daß diese Mixtur aus alt und neu beim Publikum gut ankommt, ist deutlich zu merken, denn noch nicht so alten Klassiker wurden ebenso begeistert abgefeiert wie die schon älteren Klassiker. Eine Tatsache, die sich manche Wir-spielen-nur-unseren-alten-Krams-Combo mal durch den Kopf gehen lassen sollte.

An der Gesamtlänge des Konzertes ändert dies aber leider nichts – Uriah Heep bleiben auch diesmal wieder bei konstant 85 Minuten Spielzeit (inklusive diesmal recht kurzer Zugabepause), eine Tatsache, die leider etwas die Spannung aus der Show nimmt.


Bang Your Head 2005

20. August 2005 · Konzerte · andreas · Kein Kommentar

U.D.O.

U.D.O.Wer U.D.O. bereits im Jahre 2003 erleben durfte, dem war klar, dass nun eines der Highlights die Bühnenbretter erklomm: schon damals war die Stimmung schlichtweg unglaublich und von den ersten Reihen bis weit hinter den FOH sah man alle Hände oben.

Auch die Show von U.D.O. 2005 wurde zum erwarteten Triumphzug für die Herren Dirkschneider, Kaufmann und Co, so dass man sich ernsthaft fragen muß, wer eigentlich die “nebenbei” durchgeführte Accept-Reunion tatsächlich gebraucht hat. Die Klassiker klangen deutlich tighter als beim wiederbelebten Original, die immense Spielfreude war der Band anzusehen (die im Gegensatz zu Accept beim Rock Hard Festival auch wie eine Band wirkte) und auch die leider viel zu wenigen U.D.O.-Nummern krachten ohne Ende.

Gamma Ray

Gamma RayDaß es egal wer nach U.D.O. schwer haben wird, war klar – dass der Auftritt von Gamma Ray sich allerdings zu einem solchen Flop entwickelte, übertraf dann doch die schlimmsten Befürchtungen.

Gleich zu Beginn fiel eine der Endstufen aus, so dass die Show schon wieder an Fahrt verlor, bevor sie überhaupt so richtig begonnen hatte. Doch statt wie die Pretty Maids auf ihrer letzten Tour einfach einen Song (zur Begeisterung aller Anwesenden) quasi semi-accoustic zu intonieren, versuchte sich Frontmann Kai Hansen mit ein paar Ansagen und Sprüchen über die Zeit zu retten - ein Versuch, den er spätestens mit “Jetzt weiß ich auch nicht mehr, was ich noch sagen soll!?!” selbst für gescheitert erklären musste.

Hinterher ging nur noch wenig und die Setlist – acht Songs (von denen einer gestrichen werden musste) für 55 Minuten tat ihr übriges. Vielleicht hätten ein paar knackige “kurz und gut”-Nummern noch was retten können, aber bei den Epen vom Kaliber eines “Rebellion In Dreamland” war da nichts mehr zu machen – der Raußschmeißer “I Want Out” traf wohl ziemlich genau ins Schwarze.

Saxon

SaxonSaxon stellten sich selbst ein Bein: während die Qualität der musikalischen Darbietungen wie üblich wieder nichts zu wünschen übrig lies, schien Frontman Biff Byford während der ersten Sethälfte mit aller Gewalt jegliche aufkommende Stimmung gleich wieder im Keim ersticken zu wollen. Zwischen jedem Song wurde eine ausgiebige Pause eingelegt, die mit Spielchen der Marke “Do you want an old song or a new one?” bzw. “Do you want a slow song or a fast one?” künstlich in die Länge gezogen wurde.

Erst in der zweiten Hälfte fand die Band zur Co-Headlinerform und bot dem Publikum endlich das, weshalb die meisten vor der Bühne standen: Musik satt – und der Stimmungspegel stieg rapide.

An der Setlist gab’s hingegen wenig zu meckern: von “747” über “Solid Ball of Rock” und “Crusader” bis hin zu “Denim und Leather” war alles vertreten, was auch der Gelegenheitshörer kannte und zum Mitfeiern animierte.

Motörhead

MotörheadWährend manche Bands Abend für Abend ihr Programm so identisch herunterspulen, dass man Bootlegs nur schwer einem bestimmten Tag zuordnen kann, werden Mitschnitte vom Motörhead-Auftritt auf dem Bang Your Head 2005 problemlos zu identifizieren sein: reklamiert Lemmy nach jedem Song die Einstellungen seiner Monitorboxen oder nicht? Wenn er’s tut, ist es definitiv Balingen 2005. So kämpften er und die Monitormischer mit einem “Ganz oder gar nicht”-Problem, das auch bis zum Ende des Gigs nicht behoben werden konnte.

Eine große Show gab’s wie erwartet weniger, denn wenn 1/3 der Musiker am Schlagzeug sitzt und 1/3 am Mikro steht bleibt nur noch einer, der sich bewegen kann - aber Lemmys Präsenz ist eigentlich schon Show genug. Schon die übliche, kurz-prägnanten Einleitung “We’re Motörhead and we play rock’n’roll” deutete an, wo’s langgeht: eine solide Show, die aus altbekannten Songs sowie einigen wenigen Überraschungen bestand und schließlich mit einem ausgedehnten “Overkill” beendet wurde.

Zwischenspiel: Night Of The Demon

DEMON hatten für’s Bang Your Head 2005 wahrlich keine Kosten und Mühen in Sachen “Special Effects” gescheut und so begann die “Night Of The Demon” schon kurz nachdem Motörhead die Bühne verlassen hatten: kurz nach 1 Uhr Ortszeit öffnete der Himmel seine Pforten und ergoss rund um das Festivalgelände rund 40 Liter Regenwasser pro Quadratmeter, so dass nicht nur Luftmatratzen auf den Campingplätzen zu Schauchbooten zwangsrekrutiert wurden, die begleitenden Sturmböen hätten auch jedem Abrißkommando durchaus zur Ehre gereicht. Hierbei wurde auch ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bühne und Technik komplett durchnässt.

Dank des unermüdlichen Einsatzes von sowohl THW und DRK auf der einen, sowie Stagecrew auf der anderen Seite konnten die Camper zum Teil in Notquartieren den Rest der Nacht verbringen und das Festival mit einer nur dreistündigen Verspätung doch noch die Pforten öffnen. Da es in Balingen allerdings eine strikte Curfew gibt, musste ein Notfallplan erstellt werden, der für fast jede Band Kürzungen von rund 15-25 Minuten bedeutete.

Demon

DemonAls erste Band des Tages trafen diese Kürzungen vor allem Demon recht hart. Die Band hatte ein extra-langes Set einstudiert und wollte Gerüchten zu Folge nach Möglichkeit eine halbe Stunde vor der offiziellen Startzeit die Bretter betreten, um eine volle Stunde lang spielen zu können. Stattdessen blieben nach Inkrafttreten von “Plan B” gerade noch 15 Minuten Spielzeit übrig.

Obwohl Demon wohl ziemlich enttäuscht gewesen sein müssen merkte man ihnen nichts an und die Band bot den zahlreich vor der Bühne erschienenen Zuhörern mit “Night Of The Demon” und “Don’t Break The Circle” zwei Klassiker, die vom Neuling “Standing On The Edge” getrennt wurden.

Bleibt zu hoffen, dass die Band vielleicht nächstes Jahr noch mal mit ausgiebiger Spielzeit antreten darf.

Nevermore

NevermoreNevermore hatten 2002 schon für Party pur gesorgt, als sich zum Ende des Gigs deutlich mehr Fans als Musiker auf der Bühne befanden, so dass man auch für 2005 wieder auf eine interessante und energiegeladene Performance hoffen durfte.

Die Band enttäuschte ihre zahlreich erschienenen Anhänger und Interessenten auch nicht und lieferte vom Einstieg “Enemies Of Reality” bis zum ultraschrägen “Sounds Of Silence”-Cover eine solide Show ohne besondere Tief- oder Höhepunkte.

DIO

DIODen Preis für die außergewöhnlichste Setlist dürfte dieses Jahr an Ronnie James Dio und Band gehen, die stellenweise extrem tief in der Mottenkiste gewühlt und einige selten gespielte Perlen hervorgekramt hatten.

Der Set begann mit “Killing The Dragon” als einzig aktuellem Song und lieferte anschließend mit “Egypt (The chains are on)” gleich die erste Überraschung. Neben den muß-einfach-sein-Songs “Holy Diver” und “Rainbow In The Dark” gab es an DIO-Material nur noch “Sunset Superman”, während der Rest der Setlist aus alten Rainbow-Zeiten (“Man On The Silver Mountain”, “Long Live Rock’n’Roll”, “Gates Of Babylon”) sowie einer überragenden “Heaven and Hell”-Interpretation gekührt wurde.

Die Band zeigte sich in bester Spiellaune und gegenüber dem Auftritt 2003 fiel vor allem der deutlich gesünder aussehende und agiler wirkende Jimmy Bain-Ersatz Rudy Sarzo positiv auf. Warum allerdings rund 10 Minuten der Spielzeit auf Drum- und Gitarrensolo verwendet wurden, wird auf ewig ein Rätsel der Band bleiben - den meisten Festivalbesuchern wären wohl ein oder zwei weitere Songs lieber gewesen. Trotzdem waren DIO wohl die Band des Samstags und zumindest ich hätte Twisted Sister gerne gegen eine Verlängerung eingetauscht.