Musik

Bang Your Head 2007

1. Juli 2007 · Konzerte · andreas · Kein Kommentar

Heaven & Hell

Heaven & HellAuch wenn mein Gedächtnis ab und an ein paar Lücken aufweist, kann ich mich noch gut an meine Enttäuschung erinnern, als kurz nachdem ich Black Sabbaths “Dehumanizer” für mich entdeckt hatte, die Bandbesetzung mit Ronnie James Dio auch schon wieder der Geschichte angehörte. Umso ärgerlicher für mich – war doch die 1983’er “Live Evil”-Scheibe mein persönlicher Einstieg in härtere Rockgefilde und schon damals hatte sich die Band recht zügig nach erfolgter Live-Aufnahme in ihre Einzelteile zerlegt.

Um so größer war meine Freude, als sich rund um die kürzlich erschienenen Black Sabbath “The DIO Years” die Herren Dio und Iommi erneut zusammenrafften und gemeinsam mit Geezer Butler beschlossen, Interessierten eine Zeitreise zu ermöglichen. Nur die Drummerfrage blieb vorerst ungeklärt, bis mit Vinnie Appice genau der Trommler mit ins Boot geholt wurde, der schon seinerzeit auf “Live Evil” und “Dehumanizer” zu hören war.

Aus offiziell nie dargelegten Gründen wurde das Projekt aber nicht auf den Namen Black Sabbath (dessen alleinige Rechte bei Tony Iommi liegen) getauft, sondern man beschloß, unter dem Banner des wohl bekanntesten Songs der Dio-Ära durchzustarten: Heaven & Hell (das seinerzeit noch von Bill Ward eingetrommelt wurde) – eine Tatsache, welche die Macher des Bang Your Heads leider wohl einige Spätmerker gekostet hat.

Nachdem schon den ganzen Tag der Bühnenhintergrund mit dem Heaven & Hell Steinwand-Backdrop dekoriert war (welches auch wundervoll zu dem Mini-Schlachtgetümmel vor AMON AMARTH passte) ist es um 21:24 Uhr endlich so weit: die ersten Töne von “E5150” erklingen und die Menge ist nicht mehr zu halten.

Leider setzt mitten im Set ein leichter Nieselregen ein, der aber Ronnie James Dio die Möglichkeit bietet, zu zeigen, was für ein netter Kerl er eigentlich ist: kaum hatte er einen Techniker beim vergeblichen Versuch, einer der Monitorboxen auf dem Catwalk eine Kapuze überzuziehen erspäht, klemmt er sich beim nächsten Gitarrensolo auch schon das Mikro unter den Arm und hilft tatkräftig mit – man zeige mir einen anderen Headliner, dessen Sänger sowas macht …

Überhaupt ist Ronnie James Dio derjenige, der für die komplette Kommunikation mit dem Publikum zuständig ist und der sich öfter als einmal auf den Catwalk vorwagt, während seine Mitstreiter vornehm im Hintergrund bleiben und vor allem Geezer Butler sich dem vorderen Bühnenrand während des gesamten Konzertes nicht ein einziges Mal nähert. Zwar am vorderen Bühnenrand plaziert, aber in guter Black Sabbath-Manier hinter dem Bühnenaufbau versteckt und nicht mal namentlich erwähnt werkelt Scott Warren (aus DIOs eigener Band), der für die Keyboard-Untermalung sorgt und sich wohl mit einem dicken Scheck über die mangelnde Aufmerksamkeit, die ihm zu Teil wird, hinwegtröstet.

Da sich die Menge vom Regen nicht weiter beeindrucken lässt und eben in den zahlreich vorhandenen, optisch in ihrer Farbenpracht leicht deplaziert wirkenden Regenjacken und – ponchos weiterfeiert, zieht dieser sich beleidigt während “Heaven & Hell” zurück, so daß zumindest das Konzertende pünktlich zur Curfew trocken erreicht wird.

Zurück bleiben jede Menge glückliche Zeitreisende und auch am nächsten Tag ist der “Heaven & Hell”-typische Singsang noch öfter als einmal zu vernehmen.

Aus historischen Gründen gibt’s an dieser Stelle auch ausnahmsweise die Setlist von Heaven & Hell: “E5150”, “The Mob Rules”, “Children Of The Sea”, “I”, “The Sign Of The Southern Cross”, “Voodoo”, “Computer God”, “Falling Of The Edge Of The World”, “Shadow Of The Wind”, “Die Young”, “Heaven & Hell”, “Neon Knights”

Mercenary

MercenaryManchmal bringt mich mein bescheidenes Personengedächtnis schon zum schwitzen: kaum stehen Mercenary auf der Bühne, denke ich mir “den Keyboarder hast Du doch schon irgendwann mal gesehen?!?” Vielleicht hätte ich vorher einen Blick in das informative Bang Your Head-Heftlein werden sollen, dann hätte ich’s gewusst: Morten Sandager war schon letztes Jahr zusammen mit “den anderen Dänen” Pretty Maids in Balingen.

Der Auftritt der mir bis dato völlig unbekannten Band entpuppt sich als überaus unterhaltsam, verquickt die Band doch verschiedene moderne, progressive und teilweise auch eher traditionelle Metal-Einflüsse zu einem eigenständigen Mix, der durchaus begeistern kann. Einen großen Teil zu eben dieser Begeisterung trägt sicherlich neben der makellosen instrumentalen Darbietung und dem kurzweiligen Songmaterial auch Frontman Mikkel Sandager bei, der den Catwalk reichlich nutzt und mit seinen teilweise auf Deutsch formulierten Ansagen überaus sympathisch rüberkommt.

Von dieser Band werden wir hoffentlich in den kommenden Jahren noch einiges hören!

Finntroll

FinntrollEiner der schönen Nebeneffekte des Bang Your Head-Festivals ist, daß man durch die gesunde Bandmischung auch Töne und Bands begutachten kann, um die man normalerweise einen weiten Bogen schlagen würde.

Hatte ich noch letztes Jahr dem Mountain King höchstpersönlich gehuldigt, geht es 2007 einige Stockwerke tiefer in die Höhle, in der die Trolle hausen. Diese sehen mit ihrer Bemalung gefährlich aus, tragen Röcke und singen in einer zumindest in Deutschland eher ungewöhnlichen Sprache. Die Musik, von ihren Machern als “Trollish Metal” bezeichnet, entpuppt sich als eine Mischung aus Black und Death Metal mit finnischer Folklore, gepaart mit schwedischsprachigem Vocals - eine durchaus nicht alltägliche Mischung, die fast jeden der Anwesenden irgendwann im Laufe der Show dazu bringt, das metallische Tanzbein zu schwingen.

So wird der Auftritt denn auch ein voller Erfolg und Finntroll vom Publikum, das alters- und (zumindest den T-Shirts nach zu urteilen auch) härtegradmäßig gut durchmischt ist, gebührend abgefeiert. Der lebendige Beweis, daß es ruhig auch mal eine etwas härtere Band sein kann, die trotzdem einen Großteil der Besucher Spaß macht.

Hammerfall

HammerfallNicht zum ersten Mal besuchen Hammerfall das Bang Your Head und ohne Uhr und Tageslicht hätte man fast meinen können, das Abschlußfeuerwerk sei auf die Bühne verlegt worden, so viele Pyros werden im Laufe der Show in die Luft gefeuert.

Leider ist dies auch mit Abstand der spektakulärste Teil des Auftritts, denn restlos begeistern können HAMMEFALL an diesem Samstag nicht. Nicht, daß die Band schlecht ist oder die Stimmung auf dem Gelände im Keller – aber man hat eindeutig das Gefühl, eine stellenweise fast schon einstudiert wirkende Show zu sehen statt eines mitreißenden Rockkonzerts. Da im Set aber die meisten Hits der Band vorhanden sind, kann man die Show durchaus als guten Standard verbuchen.

Appropos Hit: während andere Bands die Bühne mit Marshall-Türmen vollstellen, versuchen sich Hammerfall an einer durchaus innovativen Idee: statt mit Gitarrenverstärkern zu protzen, werden insgesamt 10 Basedrums über den Bühnenhintergrund verteilt, auf denen die Buchstaben des Bandnamens wahrscheinlich auch noch von einem Helikopter aus zu erkennen sind. Nette Variation des “bei unserem Drummer steht, wie wir heißen”-Themas.

Edguy

EdguySelten hat eine Ankündigung im BYH-Guestbook solche Eruptionen ausgelöst, wie die Ernennung von Edguy zum Samstags-Headliner. Das Geschrei war groß und einige (wenige?) der Meinung, dass dies mit dem Untergang des Abendlandes gleichzusetzen sei und man doch lieber die üblichen Verdächtigen verpflichten sollte.

Keine Ahnung, ob diese dabei über die Frage nachgedacht haben, wie denn Bands wie Iron Maiden oder Motörhead zum dem wurden, was sie heute sind. Sicherlich nicht, in dem sie nie eine Chance bekamen, zu zeigen, was in Ihnen steckt! Darüber hinaus sollte man auch nicht vergessen, daß uns Legenden wie Ronnie James Dio (Mitte 60), Ian Gillan und Lemmy (beide über 60), Rob Halford (Mitte 50) oder Bruce Dickinson (demnächst 50) alleine schon aus biologischen Gründen nicht mehr ewig erhalten bleiben werden - und wer soll dann ihre Position übernehmen?

Doch genug der Theorie, denn schließlich stand die Entscheidung und Edguy am späten Samstagabend auf der Bühne des Bang Your Head Festivals.

Schon im Vorfeld hatte ich mehrfach gelesen, daß es sich bei Edguy-Frontmann Tobias Sammet um eine Laberbacke der relativ ausufernden Art handeln soll - eine Information, die sich glücklicherweise nicht in vollem Umfang bewahrheitet. Zwar schweift “Hellfire Tobi” das eine oder andere Mal ziemlich ab, kann sich aber meist noch rechtzeitig fangen, bevor man entnervt nach dem roten “STOP”-Schalter zu suchen beginnt.

Die Setlist bietet einen guten Querschnitt durch das Schaffen von Edguy und beinhalet neben neuen Nummern wie “Superheroes” auch ältere Kaliber wie " Wake Up The King " vom “Theater Of Salvation”-Album sowie als fast-Cover den Titeltrack von “Avantasia I”. Schade nur, daß mein persönlicher Lieblingshit “Falling Down” zu Hause gelassen wurde.

Unterm Strich kann man auf jeden Fall sagen: Operation gelungen! Edguy haben eine richtig gute Party veranstaltet, die wohl auch den überwiegenden Teil der Anwesenden von der Richtigkeit dieser Headliner-Entscheidung überzeugt hat.

Mich persönlich hat nur ein kleiner Schönheitsfehler gestört: warum um Himmels willen muß die Band 20 Minuten vor dem Ende der offiziellen Spielzeit eine Kust-Zugabe-Pause machen? Dies mag ja auf einer Solo-Headliner-Tour noch akzeptabel (wenn auch nervig) sein, aber bei einem Festival mit begrenzter Spielzeit für jede Band?!? Da sollte man die vergeudeten Minuten lieber für einen zusätzlichen Song verwenden, zumal sowieso jeder vor und auf der Bühne weiß, daß die Show weitergeht.


W.A.S.P. - Dominator

17. Mai 2007 · Audio · andreas · Kein Kommentar

Nach der gescheiterten Wiedervereinigung mit Chris Holmes und dem leider nicht in letzter Konsequenz überzeugenden “Neon God” hatten viele W.A.S.P., die Band um Blackie Lawless, schon abgeschrieben – ein Fehler, wie “Dominator” eindrucksvoll beweist.

Schon der Opener “Mercy” macht mit seinem Eröffnungsriff klar, daß hier eine Rückbesinnung auf alte Tugenden stattgefunden hat, eine Feststellung, die “Long, Long Way To Go” noch unterstreicht. Mit der Halbballade “Take Me Up” folgt der erste Höhepunkt: W.A.S.P. at their best! “The Burning Man” verschafft eine kurze Verschnaufpause, bevor mit der zweiten Halbballade “Heaven’s Hung in Black” der absolute Höhepunkt des Albums folgt. Die folgenden “Heaven’s Blessed”, “Teacher” und “Deal With The Devil” brauchen sich vor dem Rest des Materials ebenfalls nicht zu verstecken und runden das Meisterwerk ab.

Noch ein Wort zum Cover, das auf den ersten Blick eher den Eindruck einer billigen Death-Metal-Scheibe erweckt, dessen Sinn, Zweck und Komposition sich aber spätestens beim Lesen der Liner-Notes erschließt: dem Plan von George W. Bush und seiner Regierung, sich als “Dominator” zu betätigen.

Auf “Still Not Black Enough” war der Satz “I love my country, but I’m scared to death of its Government” zu finden, ein Satz, über den Blackie Lawless heute sagt “Nothing I have ever written is more true!.” Und auch musikalisch schließt sich hier der Kreis, denn “Dominator” ist sicherlich das beste W.A.S.P.-Abum seit eben dieser Scheibe, die immerhin schon zwölf Jahre auf dem Buckel hat.

Genial (18/20 Punkte)


Rainstorm Project - Purple Eyes

17. Mai 2007 · Audio · andreas · Kein Kommentar

So richtig sicher bin ich mir auch nach dem n. Durchhören noch nicht, was ich von “Purple Eyes” halten soll. Sicherlich, große Schwächen erlaubt sich das Rainstorm Project nicht, aber das hatte ich auf Grund der Mitwirkung von Bob Curiano (Ex-Blackmore’s Night Sir Robert Of Normandy) auch nicht erwartet.

Herz, Kopf und Hauptsonschreiber des Projekts ist Thomas Pihale, der aus seiner Verehrung für Vorbild Ritchie Blackmore keinen Hehl macht, was der Platte gut zu Gesicht steht. Die Songs sind knackig komponiert, abwechslungsreich und auch die Soli machen Spaß und dienen mehr als nur der Demonstration technischen Könnens.

Schwer tue ich mir mit dem Gesang Henning Schwarzhoffs, der mir vor allem bei anspruchsvollen und / oder schnellen Passagen zu variationslos klingt. Ganz im Gegenteil hierzu stehen die Songs mit Sabrina Pihale am Mikro, deren Stimme deutlich besser zu den Kompositionen passt. Sollte sie tatsächlich bisher (wie im Info behauptet) nur unter der Dusche gesungen haben, schlummert hier wohl eindeutig ein Talent, daß an eine Candice Night mit nicht ganz so elfenhafter Stimme erinnert.

So macht mir denn auch das Album ab dem Titelstück “Purple Eyes” richtig Spaß, während ich mich mit den Openern “Pat The Cop” und “Standing Here” vor allem wegen des Gesangs nicht anfreunden kann. Als absolut unnötiger Tiefpunkt entpuppt sich das a-ha Cover “Scoundrel Days”, das vor allem an der gesanglichen Vorgabe des Originals scheitert.

Insgesamt gesehen hat das Rainstorm Project mit “Purple Eyes” ein gelungenes Debütalbum veröffentlicht, das mich über weite Strecken zu überzeugen weiß und dessen Produktion sich vor den Veröffentlichungen “gestandener Bands” nicht zu verstecken braucht, auch wenn ich nicht mit jedem Song Freundschaft schließen mag.

Gut (11/20)


Megadeth - United Abominations

17. Mai 2007 · Audio · andreas · Kein Kommentar

2007 scheint das Jahr der Rückkehrer zu werden - nicht nur W.A.S.P. melden sich mit “Dominator” grandios zurück, auch Megadeth beweisen mit “United Abominations”, daß sie vielerorts vollkommen zu Unrecht bereits abgeschrieben wurden.

War bisher immer der Sound für mich das größte Fragezeichen bei einem neuen Megadeth-Album, ist schon nach den ersten Takten von “United Abominations” klar, daß die Gitarren endlich wieder so klingen, wie zu besten Zeiten und sich die Gesamtproduktion hinter einem “Contdown To Extinction” nicht zu verstecken braucht.

Die Songs sind abwechslungsreich gestrickt, die Stimme kommt kraft- und saftvoll aus den Lautsprechern und mit jedem Durchlauf zündet das Album ein bißchen mehr und weiß auch nach mehrmaligen Durchhören noch zu überraschen, als Beispiel sei hier das Iron Maiden-lastige “Washington Is Next” aufgeführt. Mit “A Tout Le Monde” gibt es einen bekannten Song in neuen Gewand, diesmal mit Verstärkung von Lacuna Coil-Frontfrau Cristina Scabbia, eine Zusammenarbeit, von der ich mir allerdings etwas mehr Variation erwartet hätte.

Alles in allem ist “United Abominations” ein starkes Comeback einer mancherorts totgesagten Band, das den Vorgänger “The System Has Failed” um Längen schlägt.

Beeindruckend (13/20)


Noisegate Festival 2007-04-08

15. April 2007 · Konzerte · andreas · Kein Kommentar

Sister Sin

Sister SinEine Statistik, wie viel Prozent der schwedischen Bevölkerung gerade in musikalischer Mission im Ausland unterwegs sind wäre bestimmt interessant: auch Jon Olivas Begleiter Dyonisus und Nostradameus vom Vorabend stammten laut eigener Aussage aus Schweden, dem Heimatland von Sister Sin. Entweder handelt es sich hierbei um einen reinen Zufall, oder halb Schweden ist zur Zeit auf Tour.

Während in den geographisch unter der Halle gelegenen Bedürfnisanstalten heftige Diskussionen darüber geführt werden, ob Sister Sin denn nun Sleaze-Rock spielen oder doch was anderes und ob die Band besser oder mindestens genauso schlecht wie die davor aufgetretenen Fairyland sind, beschäftigt man sich oben in der Halle mehr mit dem Outfit von Sängerin Liv (der ersten des Abends) und erörtert die Frage, ob sie denn als Krankenschwester verkleidet ist oder nicht.

Von solchen tiefschürfenden Diskussionen abgesehen macht der Auftritt der Band einem Großteil der Anwesenden aber durchaus Spaß, auch wenn die Songs einander vielleicht einen Tick zu sehr ähneln und das große “Aha”-Erlebnis wohl bei den meisten auf sich warten lässt.

Leaves’ Eyes

Leaves' EyesWenn in einem Grundschulzeugnis “hat sich stets bemüht” steht, so ist das in der Regel kein allzu gutes Zeichen. Beschrieben wird die Tatsache, daß sich der Sprößling zwar nach Kräften anstrengt, aber leider auf keinen allzu grünen Zweig kommt.

Auch Leaves’ Eyes und vor allem Frontfrau Liv (die zweite des Abends) kann man nicht absprechen, sich redlich zu bemühen - um dann letztendlich doch bei der Schlußfolgerung zu landen, daß Mühen alleine auch in diesem Fall nicht ausreicht.

Als Hauptkritikpunkt ist die Stimme von Liv Kristine zu sehen, die zwar hervorragend zu den balladesken und akkustisch angehauchten Zwischenklängen passt, aber just in dem Moment untergeht, in dem sie es mit verzerrten Gitarren aufnehmen soll.

Zum anderen ist da die Gesamtperformance, die ebenfalls nicht allzu stimmig wirkt. Liv hebt sich in feiner Abendgarderobe sowohl optisch als auch durch ihre Gestik von dem Rest der metallischen ATROCITY-Truppe ab, ein Spannungsbogen, der beinahe gelingt, würde sich nicht Bandleader und Ehemann Alex Krull auf die Bühne gesellen und wie ein Fremdkörper wirken.

Auf Dauer recht ermüdend sind auch die immer gleichen Dankesreden und wenig originellen Ansagen, wenn auch in leichter Variation: “Langen, was geht?” / “Langen, geht noch was?”, “Langen, da geht noch was!”, “Wickinger” und “Wollt ihr noch mehr?” - eine Frage, die gegen Ende des Konzertes von immer mehr Zuschauern mit einem deutlich hörbaren “Nein” statt des erhofften “Ja” erwidert wird.

Kamelot

KamelotKeine Ahnung, was genau mit Kamelots Vorzeigesänger los ist, aber Roy Khan scheint nicht in bester gesundheitlicher Verfassung zu sein. Während er vor allem bei den ersten beiden Songs über weite Strecken gewaltig neben den eigentlich zu treffenden Tönen liegt, bessert sich die Lage ab dem dritten Song. Auffällig ist aber weiterhin, daß er bei jeder Ansage zwischen jedem einzelnen Wort deutlich nach Luft ringt und auch die Setlist macht mit zwei Instrumentals und einer Zugabepause bei nur 75 Minuten Spielzeit einen deutlichen “wir schonen unseren Sänger”-Eindruck.

Neben den regulären Bandmitgliedern sorgt im Hintergrund Tour-Aushilfskraft Anne-Catrin Märzke für den Großteil der weiblichen Vocals – nur beim Duett “The Haunting” entert EPICA-Frontfrau Simone Simons die Bühne, um die schon in der Studioversion von Ihr gesungenen Parts zu übernehmen – ein Experiment, daß live genau so gut klappt wie auf Konserve und mir den Song eindeutig viel zu kurz vorkommen lässt. Als Glücksgriff für die Band erweist sich auch Nicht-mehr-ganz-so-neu-Zugang Oliver Palotai, der nicht nur während des Keyboard-Solos virtuos in die Tasten greift und den Kamelot-Gesamtsound hörbar bereichert.

Neben vielen Songs vom immer noch aktuellen Werk “The Black Halo” gibt es als besonderes Schmankerl auch eine Schnuppermöglichkeit in das demnächst erscheinende “Ghost Opera”, an dessen Artwork der Bühnenaufbau bereits angepasst wurde.

W.A.S.P.

W.A.S.P.Manchmal nimmt man sich etwas vor und erledigt es sofort, ein anderes Mal kommt man einfach nicht dazu. Schon 1987, direkt nach dem Erwerb von “Live … In The Raw” stand der Entschluss, W.A.S.P. einmal live sehen zu wollen. Die Umsetzung sollte allerdings rund 20 Jahre auf sich warten lassen. Von daher waren die Vorzeichen klar: entweder wird die Show ein Knaller oder es gibt eine verfrühte Heimreise.

Als pünktlich zum anvisierten Showbeginn THE DOORS aus den Boxen schallen wächst die Spannung ins Unermeßliche und entlädt sich mit den Openern “On Your Knees” und “Electric Circus” in einer unterhaltsamen Zeitreise. Zwar sind Blacky Lawless (und wahrscheinlich auch ich) einige Jährchen älter geworden, trotzdem fühle ich mich wie mitten in einer Verjünungskur.

Auch W.A.S.P. haben ähnlich wie Kamelot mit “Dominator” ein demnächst erscheinendes Album in der Pipeline, das ebenfalls deutlich den Bühnenaufbau dominiert und – zumindest in diesem Falle – zu einer skurilen Situation führt: da steht ein rund 50-jähriger Mann in Stöckel-Overknees, Leggins, über dem durchaus sichtbaren Bauchansatz zusammengeknoteten T-Shirt und Lack-Armstulpen auf einem an “Ghostrider” erinnernden Mikroständer und warnt mit deutlichen Worten, daß ein Jeder darauf achten sollte, daß die Regierung nicht die eigenen Bürgerrechte beschneidet. In diesem Moment wird klar, welch großer Zauberer George W. Bush tatsächlich ist.

Zum ersten Stimmungseinbruch bei der ansonsten rundum gelungenen Party kommt es allerdings, als die Band nach nur 50 Minuten die Bühne mit einem “Good Night” verlässt, obwohl auch hier 75 Minuten Spielzeit vorgesehen sind.

Als erste Pseudozugabe gibt es mit “Heaven’s Hung” den vielleicht stärksten Song von “Dominator”, bevor nach einer weiteren Zwangspause und nach “Chainsaw Charlie” sowie “Blind In Texas” der Vorhang endgültig fällt.

Die in diesem Beitrag verwendeten Photos wurden von Klaus “Pyro” Porzia zur Verfügung gestellt.